Tao Jie - Ein einfaches Leben Hongkong 2011 – 117min.

Filmkritik

Arbeiten bis zum Umfallen

Filmkritik: Eduard Ulrich

In wohlhabenden chinesischen Familien gehörte eine Haushälterin zur "Standardausrüstung". Was Mao ein Dorn im Auge war, blieb in Hong-Kong und Taiwan klassische Tradition. Die in Hong-Kong lebende Ann Hui hat sich des letzten Jahres im Leben einer solchen Haushälterin angenommen und es mit großen Darstellern in einem schlichten, aber sympathischen Film auf dokumentarische Art festgehalten. Das in Venedig ausgezeichnete Werk vermeidet Sentimentalität, drückt sich aber auch nicht um heikle Momente.

Am Anfang eine heiße Diskussion in der Filmbranche: Der Investor, der Produzent und der Regisseur verhandeln über die Konditionen zur Fortsetzung eines Drehs. Da wird Theater gespielt, gepokert, getrickst, und es ist natürlich ein Seitenhieb auf die Verhältnisse, unter denen Filme entstehen - offenbar auch in Hong-Kong.

Ann Hui kennt diese Branche aus dem ff, sie stammt aus China, hat einen japanischen Vater und kam schon früh nach Hong-Kong. 1979 debütierte sie mit The Secret, 1996 war sie Jury-Mitglied an der Berlinale, 2003 am Filmfestival von Venedig und 2006 in Locarno. Der Produzent in der hitzigen Diskussion ist das letzte Familienmitglied einer wohlhabenden Familie, das noch in Hong-Kong lebt, die anderen sind ausgewandert. Das einfache Leben, wie der Titel übersetzt werden kann, um das sich dieser schlichte, aber sympathische Film dreht, ist allerdings nicht seines, sondern dasjenige seiner Haushälterin, die schon seinen Eltern diente und für ihn und seine Geschwister kochte.

Das Essen spielt in China seit jeher eine zentrale Rolle und die bekommt es auch hier. Nach dem Schlagabtausch am Verhandlungstisch wechseln Regisseur und Produzent in ein Restaurant, anschließend kehrt der Produzent in seine Wohnung zurück, wo die Haushälterin bereits mit dem Essen auf ihn wartet. In der Stille dieser Wohnung und mit dem Gespräch der beiden findet der Film seinen Ton und sein Thema, die verschiedenen Ebenen der Beziehung zwischen dem ca. 45jährigen Produzenten und der bald 80jährigen Haushälterin, ihre Rollen und die Konsequenzen, die sich aus dieser Konstellation und der nachlassenden Schaffenskraft der Haushälterin ergeben.

Ann Hui zeigt die Entwicklung dieser Beziehung nüchtern, nähert sich ihren Figuren behutsam und inszeniert zurückhaltend. Das wirkt oft wie in einem Dokumentarfilm, wenn man vergessen kann, dass der Produzent mit Andy Lau besetzt ist, einem erfolgreichen Schauspieler aus Hong-Kong, der auch im Westen durch seine Rollen in Kampfsportfilmen bekannt ist. Für die Rolle der Haushälterin bekam Deannie Yip 2011 - der Film ist tatsächlich so alt - in Venedig den Preis als beste Schauspielerin.

15.10.2014

3

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