Poliezei Frankreich 2011 – 127min.

Filmkritik

Polisse

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Sie sind täglich im Einsatz, wenn Kinder und Jugendliche bedroht, bedrängt, malträtiert oder missbraucht werden. Die Frauen und Männer vom Jugendschutz in Paris werden unerhört gefordert. Der Spielfilm der Französin Maïwenn Le Besco ist von schonungsloser Härte und wirkt wie eine Dokumentation. Ein packendes Stück ungeschminktes Kino.

Ein verstörtes Mädchen erzählt von ihrem Grossvater und seinen Fummeleien. Eine Mutter zeigt ihren Mann an, der ihre Tochter "zu lieb hat". Ein Junkie entführt ihr eigenes Baby, Razzia in einem Wohnwagencamp rumänischer Zigeuner. In diesem Stil geht es fast pausenlos weiter. Die Opfer sind meistens Babys, Kinder, Minderjährige, aber auch Erwachsene, die von Jugendlichen attackiert und bestohlen wurden. Die Jugendschutz-Einheit der Pariser Polizei kommt kaum zur Ruhe.

Das zerrt an Psyche und Physis der bunten Truppe, kittet zusammen, führt aber auch zu Rissen. Allein als verschworene Gemeinschaft können sie die Belastungen einigermassen ertragen. Am Ende sprengt eine den kleinen Kreis. Dieser Schutztrupp wird zusätzlich durch eine junge Fotografin Melissa (gespielt von der Regisseurin selbst) belastet, die der Gruppe vom Chef Beauchard (Wladimir Yordanoff) aufgehalst wird. Besonders Fred (Joey Starr) stellt sich quer.

Die Fülle handelnder Personen, die Einsätze, die Episoden - das scheint auf den ersten Blick verwirrlich und konfus. Doch je länger man Augenzeuge der Aktionen, Befindlichkeiten und Verhältnisse wird, desto mehr zieht einen dieser Spielfilm in seinen Bann. Er ist so gut gespielt und inszeniert, dass er fast vollkommen authentisch wirkt. Das liegt einerseits an der Struktur, die von äusseren Aktionen ins Innere, ins Psychologische, ins Zwischenmenschliche führt, andererseits an einer ausserordentlichen Ensembleleistung.

Maïwenns dokumentarischer Spielfilm «Polisse» (bewusst wurde laut Filmerin der Schreibfehler in kindlicher Handschrift gesetzt) schildert nicht nur den harten Alltag dieser Spezialpolizisten, sondern auch ihre Emotionen, Schwächen und Solidarität. Es gibt Konflikte, Reibereien und Liebeleien. Mit ungeheurer Wucht, Unerbittlichkeit und Offenheit wird uns ein Stück Alltag und Wirklichkeit vorgeführt. Man wähnt sich mittendrin. Gezielt hat Maïwenn, die vor allem als Schauspielerin (Léon), Karrieren machte und einst mit Luc Besson liiert war, die Kamera so eingesetzt, dass sie den Schauspielern folgt und nicht umgekehrt.

02.12.2014

4

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Kommentare

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myll6

vor 12 Jahren

excellent. Perfect portrayal of a delicate and tabu subject. Just perfect


myll6

vor 12 Jahren

excellent. Perfect portrayal of a delicate and tabu subject. Just perfect


zuckerwättli

vor 12 Jahren

sehr starker Film - super Schauspielerensemble - absolut sehenswert


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