Melancholia Dänemark, Frankreich, Deutschland, Italien, Schweden 2011 – 135min.

Filmkritik

Vom Ende der Welt

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Lars von Triers Lust an Provokation und Selbstironie macht auch vor seinen eigenen Filmen nicht halt. Bereits zur Weltpremiere von Melancholia verkündete der Däne, der sonst ein mehr als gesundes Selbstbewusstsein zu Tage trägt, dass er selbst nicht besonders zufrieden sei mit dem Film. Zu hübsch, zu wenig brutal, zu problemlos in der Entstehung, so sein seither mehrfach wiederholtes Urteil. Was er damit meint, erkennt man auf der Leinwand schon nach wenigen Momenten. Nur zustimmen mag man ihm nicht.

Schon der Prolog beeindruckt mit Schönheit und Eleganz. Zu den Klängen von Wagners "Tristan und Isolde" sind in Zeitlupe Visionen vom Beginn des Weltuntergangs zu sehen, mit dem Melancholia zwei Stunden später tatsächlich enden wird. Kirsten Dunst im ausladenden Brautkleid, Charlotte Gainsbourg in Reiterstiefeln und mit Kind auf dem Arm, beide auf dem weitläufigen Golfplatz-Grundstücks eines opulenten Herrenhauses. Und genau dieses Setting bestimmt auch den gesamten Film.

Zunächst dreht sich alles um Justines Hochzeit (Kirsten Dunst), die in eben jenem Anwesen ihrer Schwester Claire (Charlotte Gainsbourg) und deren Mann John (Kiefer Sutherland) gefeiert wird. Der Bräutigam (Alexander Skarsgard) ist ein Goldstück von Mann, der Hochzeitsplaner (Udo Kier) beflissen, und selbst die spießige Rituale verabscheuende Mutter (Charlotte Rampling) ist angereist. Doch der schöne Schein erweist sich schnell als Fassade, was weniger an dem Planeten mit Namen Melancholia liegt, der von den Partygästen unbemerkt sich schon langsam der Erde nähert, sondern an Justines kaum zu bändigenden Stimmungsschwankungen.

Eine gewisse Zeit ist seit dem Fest vergangen, als der zweite Teil der Handlung einsetzt. Inzwischen hat Justine komplett bei der Familie ihrer Schwester Unterschlupf gefunden, die nun allerdings selbst mit ihren Ängsten ringt. Denn inzwischen ist der fremde Himmelskörper so nah, dass es zum Zusammenstoß kommen könnte - und Johns Beschwichtigungen tragen nur wenig zur Beruhigung von Claires Nerven bei.

Dass die Zweiteilung des Films ein wenig zu gezwungen wirkt, ist schon das Einzige, was man Melancholia vorwerfen mag. Ansonsten stimmt nämlich alles. Das hochkarätige Ensemble unter der Führung einer selten so guten Kirsten Dunst brilliert, die eindrückliche Kameraarbeit von Manuel Alberto Claro ebenfalls. Gerade weil Lars von Trier dieses Mal etwas verhaltener agiert und auf Schock-Momente verzichtet, funktioniert Melancholia in seinem erneuten (und sehr vielschichtigen) Abarbeiten am Thema Depression hervorragend als Gegenstück zum nur thematisch verwandten Vorgänger Antichrist. Selbst wer den nicht kennt, darf sich aber in diesem Fall auf ein Weltuntergangsszenario gefasst machen, das nicht zuletzt durch seine trügerische Schönheit lange nachwirkt.

18.02.2024

5

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Kommentare

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dulik

vor 6 Jahren

Leider wird "Melancholia" erst ab der 2. Hälfte richtig interessant. Die ersten 70 Minuten haben kaum etwas mit der Haupthandlung zu tun und fühlen sich wie eine Ewigkeit an. Danach macht die Geschichte aber einen Sprung und der Film wird absolut genial. Eine spannende und beängstigende Atmosphäre wird nicht nur dank den guten Schauspielern, sondern auch mithilfe beeindruckender Bilder und Musik erzeugt.
7.5/10Mehr anzeigen


Barbarum

vor 10 Jahren

Vielleicht verstehe ich diese Lars von Trier-Filme einfach nicht. Zumindest finde ich sie immer absolut nichtssagend. Schöne Bilder und ein wenig Provokation, mehr nicht. Alleine aus Sympathie für die Leistung von Kirsten Dunst gibt es den dritten Stern.


birdnestman

vor 11 Jahren

Geniale Bilder...


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