Nur für Personal Frankreich 2011 – 104min.

Filmkritik

Ein Herz für die Magd

Filmkritik: Eduard Ulrich

Im gar zu schönen Märchen von Philippe le Guay findet ein verheirateter Vermögensberater auf der Suche nach sexueller Erfüllung außerhalb seiner Ehe zu sich selbst und vielleicht zu einem neuen Leben. Die im Paris um 1960 angesiedelte Sozialkomödie lässt kaum ein Klischee aus und kann trotz bekannter Namen in der Besetzungsliste schauspielerisch nicht überzeugen.

Zu Beginn erzählen spanische Hausangestellte, was sie mögen und was nicht. Eine nennt die französische Küche bei den Negativa, was wohl repräsentativ für die Situation dieser Dienstkräfte in Frankreich um das Jahr 1960 ist, denn sie sind aus wirtschaftlicher Not nach Frankreich gekommen und sprechen immer noch besser Spanisch als Französisch. Als Magd in einer wohlhabenden Bürgerfamilie sind sie nicht motiviert, sich besser zu integrieren, und sie haben eigentlich auch keine Chance dazu.

Die Ehefrau (Sandrine Kiberlain) verbringt ihren Tag mit Schönheitspflege, Besuchen beim Schneider, Kaffeekränzchen und Bridge-Partien im Kreise Gleichgestellter, während ihre Kinder im Internat erzogen und gebildet werden. Am Abend beklagt sie sich bei ihrem "Mädchen für alles", wie müde sie sei, obwohl jenes den ganzen Tag wie ein Ochse geschuftet hat. Ein Schuft ist ihr Ehemann (Fabrice Luchini) nicht, dessen Familie wenig exemplarisch den Hintergrund für diese scheinbare Persönlichkeitsentwicklungsgeschichte bildet, aber ein von der Realität der Unterschicht und natürlichen menschlichen Regungen entrückter Finanzberater, der detailverliebt bis -versessen in seiner täglichen Routine erstarrt ist. Die neue, junge und bildhübsche Hausangestellte aus Spanien (Natalia Verbeke) bringt frischen Wind in dieses museale Familienleben, wirbelt dabei aber mehr Staub auf als einigen lieb ist.

Was einigermaßen plausibel und unterhaltsam anfängt, entwickelt sich leider zu einer sozialkitschigen Komödie, deren unausgegorene Mischung realistischer Elemente und künstlich aufgeblasener Aspekte wie beispielsweise der Folgen des spanischen Bürgerkriegs sauer aufstößt. Der Stil erinnert an Hollywood-Filme jener Zeit um 1960, die auf jedes Problem eine Lösung fanden und in denen die gute Laune zum dramatischen Prinzip erhoben wurde. Die Verklärung armseliger Lebens- und Arbeitsverhältnisse sowie der altherrenfantastische Handlungsverlauf und die kräftigen Übertreibungen einiger Darstellerinnen, das spanische Temperament auf Kosten des französichen hervorzuheben, könnten das kritische Publikum verärgern.

19.02.2021

2

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Kommentare

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8martin

vor 5 Monaten

Ein durch und durch Feel-Good-Movie. Regisseur le Guay setzt auf den sanften Humor, den man still genießen kann und der einem so guttut, wie warmer Tee im Winter oder Eis im Hochsommer. Das Drehbuch schüttet das ganz große Füllhorn der Empathie über die Figuren aus. Es gibt keine unsympathischen Typen (die beiden Söhne tun richtig gut zur Abwechslung als Rotzlöffel vom Dienst!) und die dramatischen Klippen, in denen oftmals Ungemach oder gar der Tod lauerte, als die früher einmal Verliebten jetzt gelangweilten Ehepaare auf einander losgingen, sind vorbei.
Der Mann und die Frau können im 21. Jahrhundert frei wählen. Sie sind vernunftbegabte Wesen, die ihren Emotionen wie echte Hedonisten folgen. Insofern hat der Film sogar eine gewisse visionäre Aussage.
Hier verliebt sich der Makler Jean-Louis Joubert (Fabrice Luchini) in das neu eingestellte Dienstmädchen Maria (Natalia Verbeke). Seine erkaltete Ehe mit Suzanne (Sandrine Kiberlain) existiert nur noch auf dem Papier. Suzanne zickt zwar etwas rum als Jean-Louis in den 6. Stock zieht, wo das Dienstpersonal wohnt (Originaltitel). Hier lernt er das wahre, warmherzige Leben kennen und wird glücklich und frei. Alte Zöpfe werden hier abgeschnitten.
Die Jouberts trennen sich einvernehmlich, was nur am Rande erwähnt wird. Maria zieht zu ihrem kleinen Sohn nach Spanien und Jean-Louis führt ihr nach.
Was für ein herzerwärmendes Happy End, wenn beide sich sehen und lächeln…Schön!
Da fällt der ganze Schmonzes an Keilerei und Beschimpfungen von einem ab. Man vermisst nichts, ist nur etwas angenehm überrascht.
Die Noch-Ehefrau ist nicht die Furie, die ihren Besitz inklusive Ehemann mit Klauen und Zähnen verteidigt. Sie verschwindet einfach, nicht ohne sich für die gemeinsame Zeit zu bedanken. Aber auch dass nur am Rande. Soviel Nettigkeit kann man in unserer momentanen prekären Situation weißgott gebrauchen.Mehr anzeigen


Barbarum

vor 6 Jahren

Eigentlich sollte der Film nicht funktionieren: Er kommt daher wie eine Altherrenfantasie, und verniedlicht konstant sein soziales Kernthema. Schlussendlich aber passiert dies mit einem derart einnehmenden Mix aus Humor und Romantik, gespielt von überzeugenden Darstellern, dass man nur schwer widerstehen kann.Mehr anzeigen


tuvock

vor 12 Jahren

Suzanne kommt im Film nicht so gut weg, Ihre Rollen sind wenig aber gut, sie ist die Frau die viel will und viel Kriegt, sie springt da hin und da zurück, sie ist ein quicklebendiges Mädchen, Luxusverwöhnt, aber trotzdem nett, nicht so ein verkommenes Miststück wie so viele Hollywoodziegen sind, aber auch nicht genügend nett das man sie mag, ja der Dame fehlt einfach Einfühlungsvermögen, und vor allem an der Niedlichkeit die eben nur 'ne Südländerin mit bringt, dazu an der Rassigkeit der stolzen Andalusierinnen wie sie im Film dargestellt werden, stolze Natürlichkeit, etwas das man heute selten findet.

Ich hätte gerne mehr im Film gesehen keine Zoten, die passen hier nicht, sondern einfach mehr Snobismus, denn das Konzept, Snobismus trifft auf Natürlichkeit ist hier nicht gerade sehr gut ausgebaut worden, leider und ich wünschte es mir wirklich, denn das Thema können nur die Franzmänner oder die Englischen gut verfilmen, in Amerika verkommen oft Komödien zu stumpfsinnigen Trotteleien.

Vielleicht hat der Film ein paar Klischees, aber angesichts der Tatsache dass er 1962 spielt, passt das Ganze. Die 2 Kinder der Familie Joubert hätte man viel mehr ins Licht bringen können, denn die sind Snobs, sie sind nett sie mögen keinen Krieg, sie mögen den Staat nicht, aber sie sind verwöhnte Snobs und da hätte man auch mehr ausbauen können, leider ist das nicht so gut geworden.

Wenn ich mir denke was heute Leute alles aussagen und sind, 'ne Danke da lob ich mir die Altertümlichkeit der 60 er Jahre. Was auch gut kommt, bei der Partie als Jean einige Leute eingeladen hat, irgendwie fühlt er sich nicht mehr wohl, die reiche Gesellschaft ja ich kann sie auch nicht leiden. Ich würde auch einen riesengroßen Krapfen auf die Ganze reiche Gesellschaft scheißen aber da müsste ich 100 Tonnen Chili futtern und das würde meinem Magen nicht gut tun.

Der Wandel von Jean, von Böse und faul zu Gut und nett, ist natürlich gut getroffen, schauspielerisch haben sich im Film die Leute redlich bemüht, aber leider gibt es im Film nichts was man sich so richtig merken kann bis auf die guten komödiantischen Szenen.

Ich mag den Film sehr, ich fand ihn super ich fand ihn gut, er ist ehrlich und hat 'ne echt tolle MARIA als Schauspielerin, oder umgekehrt, einfach toll, empfehlenswert für Leute die gerne lachen und weinen wollen die gerne Herz und Schmerz sehen. Aber nicht so viel von allem, aber genügend um zu lachen und sich den Film zu merken.

Volle 90 Punkte.Mehr anzeigen


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