CH.FILM

Hoselupf Schweiz 2011 – 93min.

Filmkritik

The Schwing-Thing

Stefan Gubser
Filmkritik: Stefan Gubser

Zuletzt hat Beat Schlatter der Schweiz vor der Schweinegrippe Angst gemacht. Jetzt zieht der Komiker aus, selbst das Fürchten zu lernen - in einem nicht nur bierernsten Dokumentarfilm über den Schweizer Nationalsport.

Wo man schwingt, da lass' dich nieder? Neuerdings geniesst das merkwürdige Paarungsverhalten geschlechtsreifer Landeier zur Sommerszeit auch in jenen Gegenden erhöhte Aufmerksamkeit, in denen man nicht mehr den Hahn stellt, um rechtzeitig aus den Federn zu kommen. Auch der Dokumentarfilm von This Lüscher belegt dieses bedenkenswerte Phänomen, an dem natürlich wieder die Medien schuld sind, aber womöglich nicht alleine. Feiert in Zeiten zunehmend digitaler Unbehaustheit eben doch das Ursprüngliche, Unverstellte und Urchige Urständ? Vielleicht ist auch in den Städten nur die Sehnsucht nach einem Stückchen werbefreier Zone in der durchökonomisierten Schweizer Welt des Spitzensports erwacht.

Mit Beat Schlatter schickt This Lüscher den richtigen Mann auf die Suche nach der Seele des Schwingens, das man nicht nur in rechten Kreisen den "Schweizer Nationalsport" nennt. Der Zürcher, ein geborener Städter mit Schlagseite zum Volksschauspieler, der sich auch am Stammtisch heimisch fühlt, ist sich für wenig zu schade: Er steigt in Schwingkeller hinab, die noch immer so finster heissen, obwohl sie längst helle Hallen sind, lässt sich den "Churz", "Gammet" und andere Zungen- und Knochenbrecher beibringen und schnurrt immer wieder zufrieden mit bärtigen Männern, deren Oberarme so dick sind wie Baumstämme, sie selbst aber keine Holzköpfe - wenigstens die meisten. Als grösste Lachnummer entpuppt sich ausgerechnet Verteidigungsminister Ueli Maurer, der auf abenteuerlich dialektische Weise als das integrative Moment des Schwingens ausmacht, dass es den Ausländern schweizerdeutsch und deutlich sage, sie hätten es gar nicht erst zu versuchen. Oder hab' ich da etwas zu stark vereinfacht?

Lüschers Schwing-Ding hat Schwung - nicht zuletzt seiner Dramaturgie wegen. Als roter Faden zieht sich Schlatters Jackassiger Selbstversuch durch Hoselupf, der in einem kleinen Schlussgang gipfelt: Schlatter, im Film sonst überwiegend als eine Art phrasender Reporter unterwegs, misst sich am Eidgenössischen mit einem Jungschwinger, den er eingangs leichtfertig zum Duell herausfordert. Bis dahin wird sich der Dokumentarfilm dank Ausflügen in die Historie des Sports, an kleinere und grössere Schwingfeste und eines Exkurses über die Exotik des Frauenschwingens zu einem Ganzen geformt haben, das ähnlich rund ist wie die Sägemehlringe, auf denen die Schwinger sich flachzulegen pflegen. Schlatter mag sich in der einen oder anderen Wirtschaft ein quöllfrisches Bierchen zu viel genehmigen, das man im Bernischen garantiert nicht vorgesetzt bekommt. Wir wollen es ihm nachsehen: Auch Dokumentarfilme brauchen heute Sponsoren.

23.03.2011

4

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Kommentare

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1234jopy

vor 9 Jahren

Schlatter ist zum Totlachen!


Urs23

vor 12 Jahren

Informativ aber auch sehr langatmig.


anabah

vor 12 Jahren

Ich fand Beat Schlatter bis anhin ein ganz witziger Komiker. Doch mit diesem Film hat er sich keinen Gefallen getan. Seine Witze wirken nie spontan, sondern vorbereitet. Schade. Ansonsten wurde von den "Bösen" recht authentisches Bild wiedergegeben. Nur, wo war eigentlich Jörg Abderhalden (nur ganz kurz zu sehen)? Dann noch ein weiteres Minus: Schlechte Vertonung.Mehr anzeigen


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