The Tourist Frankreich, USA 2010 – 103min.

Filmkritik

Luxustrip ohne Champagnerprickeln

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Auffällig unauffällig folgen in den ersten Minuten französische Polizisten Angelina Jolie durch die Straßen von Paris, und für einen kurzen Moment fragt man sich, ob Florian Henckel von Donnersmarck nach seinem Oscar-Gewinner Das Leben der Anderen erneut vom Verfolgen, Beobachten und Überwachen erzählt. Doch natürlich entpuppt sich sein US-Debüt schnell als ganz andere Art Film.

Jolie spielt darin die geheimnisvolle Elise, die mit einem untergetauchten Verbrecher in Kontakt stehen soll. Angeblich hat sich der Mann ein neues Gesicht verpassen lassen, Interpol tappt im Dunkeln. Um Inspector Acheson (Paul Bettany) zusätzlich auf eine falsche Spur zu führen, spricht Elise im Zug von Paris nach Venedig einen ahnungslosen Touristen an, der von Größe und Statur dem Gesuchten ähnelt. Tatsächlich ist Frank (Johnny Depp) ein Mathelehrer aus den USA und ganz entzückt von den Avancen der schönen Unbekannten. Erst als Elise am nächsten Morgen verschwunden ist und er es stattdessen nicht nur mit der Polizei, sondern auch mit schwer bewaffneten russischen Auftragskillern zu tun bekommt und barfuss über die Dächer Venedigs flüchten muss, dämmert ihm allmählich, dass er in ein ziemlich gefährliches Spiel hineingezogen wurde.

Zwei der glamourösesten Filmstars der Welt, eine ebensolche Kulisse - dass Henckel von Donnersmarck mit seinem zweiten Spielfilm so weit weg wie möglich vom grauen Stasi-Mief wollte, ist nicht zu übersehen. Statt dramatischer Verdichtung und historisch authentischer Dringlichkeit entwirft der Regisseur The Tourist als zeitloses, überlebensgroßes Unterhaltungs-Praliné: mit luxuriösen Kostümen, makellosen Bildern wie von der Tourismusbehörde und vor allem Protagonisten, die keine Minute wie echte Menschen, sondern immer wie Kunstfiguren aus Hollywood wirken.

Damit setzt er sich nicht nur vom eigenen Vorgänger-Film, sondern auch von der vergleichsweise bodenständigen französischen Vorlage Anthony Zimmer, der er in der ersten Filmhälfte und in der finalen Auflösung eng folgt. An Vorbilder wie Charade oder Der unsichtbare Dritte reicht er allerdings trotzdem nie heran. Wer das Original nicht kennt und den verschiedenen Plot-Wendungen nicht mit Logik beizukommen versucht, kann sich zwar auf altmodisch-harmlose Weise durchaus amüsieren. Doch tatsächlich kann The Tourist leider zu keinem Zeitpunkt die hohen Erwartungen einlösen, die seine großen Namen und all der schöne Schein schüren. Den Dialogen mangelt es am letzten bisschen Pepp, der augenzwinkernde Humor flackert zu sporadisch auf, während aber gleichzeitig weder Spannung noch Action forciert werden und es zwischen Depp und Jolie so gar nicht knistern mag. So verspricht nur das Etikett prickelnden Champagner, serviert wird eher leicht abgestandener Prosecco.

03.11.2016

3

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Kommentare

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darioduppi

vor 9 Jahren

Etwas schwierig zu Verstehen aber sonst Top Film!!


MrsStraciatella

vor 10 Jahren

Sehr gelungener Film und interessante Charaktere


Patrick

vor 10 Jahren

Trotz schwächen elegantes Katz und Maus Spiel, daher 3 1/2 Punkte.


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