Herzensbrecher Kanada 2010 – 95min.

Filmkritik

Ein Dreieck, aber keine Beziehung

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Der Zweitling des kanadischen Wunderkinds Xavier Dolan: Auch mit Les amours imaginaires schüttelt er einen visuell beeindruckender Film aus dem Ärmel, der einen so authentischen wie zeitgemäßen Blick auf den Herzschmerz verliebter junger Großstädter wirft.

Als Xavier Dolan mit gerade einmal 20 sein selbst geschriebenes, produziertes und gespieltes Regiedebüt J'ai tué ma mère in Cannes präsentieren durfte, empfand mancher die Arbeit des unverschämt jungen Frankokanadier als leicht prätentiös und selbstverliebt. Doch dass da gerade ein neuer Stern am Kinohimmel aufgegangen war, mochte kaum jemand bestreiten. Wie Recht man mit dieser Annahme hatte, ließ sich bereits ein Jahr später abermals in Cannes erleben.

Dolans zweiter Film Les amours imaginaires ist nämlich schon eine ganze Ecke erwachsener, souveräner und überzeugender als der sehenswerte, aber doch etwas unausgegorene Vorgänger. Und abermals zeichnete das talentierte Wunderkind für alle Schlüsselfunktionen selbst verantwortlich, statt sich nach dem frühen Durchbruch auf die faule Haut zu legen oder auszuverkaufen.

Älter geworden sind auch die Protagonisten. Francis (gespielt von Dolan selbst) ist ein lässiger, durchaus schüchterner Schwuler Anfang 20, der mit seiner scharfzüngigen besten Freundin Marie (Monika Chokri) die relative Unbeschwertheit des jungen Lebens genießt. Als sie auf einer Party Nicolas (Niels Schneider) kennen lernen, lassen die Konflikte allerdings nicht lange auf sich warten. Beide verlieben sich in den hübschen Lockenkopf. Und so kommt es zwischen Francis und Nicolas zu einer Art Wettstreit, der nicht nur ihrer Freundschaft schadet.

Dass Dolan innerhalb eines Jahres gereift ist, ist nicht zu übersehen und vor allem dem Drehbuch anzumerken, das sehr viel souveräner Humor, kluge Beobachtungen und Alltagsbanalitäten unter einen Hut bringt. Gleichzeitig ist er sich aber auch so sehr treu geblieben, dass mancher Kritikpunkt seine Gültigkeit behalten hat. Noch immer macht er es einem nicht schwer, ihm narzisstisches Hipstertum zu unterstellen. Und ohne Frage sind Stil und Optik - die einmal mehr Wong Kar Wai ebenso Tribut zollen wie den Filmen der Nouvelle Vague - wichtiger als Plot oder Figurenmotivationen.

Aber was sind das für Vorwürfe, wenn die Bilder so umwerfend schön und die Regie-Einfälle derart clever und stimmig sind, wie hier. Ganz abgesehen davon, dass der auch darstellerisch überzeugende Dolan, die famose Chokri und der Rest der Darsteller (darunter auch J'ai tué ma mère-Star Anne Dorval) ihre Figuren mühelos mit Leben und Emotionen füllen. So ist Les amours imaginaires ein betörender, bittersüßer Blick auf die Liebe und die Freundschaft, der für ein cooles junges Großstadtpublikum kaum ansprechender und zeitgemäßer sein könnte.

11.01.2011

5

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Kommentare

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eragon

vor 13 Jahren

Die Bilder und die Musik im Film ist perfekt abgestimmt und überträg die Gefühle und Stimmungen von der Leinwand direkt ins Publikum. Ein Film zum geniessen.


davidkoch

vor 13 Jahren

Jungtalent Xavier Dolan, Regisseur und Schauspieler, hat wieder einmal hervorragend den Zeitgeist junger Grossstädter auf die Leinwand gebracht.


elmanama

vor 13 Jahren

Wow, ein Genuss von Anfang bis Ende, tolle ausdrucksstarke Schauspieler, feiner Humor und tolle, tolle Musik!


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