Copacabana 2010 – 105min.

Filmkritik

Würde und Widerstand

Filmkritik: Eduard Ulrich

Kein Geld, kein Mann, vielleicht bald keine Tochter mehr: Isabelle Huppert verleiht einer in die Jahre und auf den Hund gekommenen Alternativen Gestalt. Sie kann alles spielen, aber diese Rolle wär nicht nötig gewesen. Immerhin adelt sie diesen bescheidenen Film über eine Frau, die auch und vor allem um ihre Würde kämpft.

Wer kein Geld hat, hat in den meisten entwickelten Gesellschaften bald keine Würde mehr. Peinlich wird das gegenüber dem eigenen Nachwuchs. Babou (Isabelle Huppert) fährt auf der Rolltreppe eines Einkaufszentrums abwärts - wie im Leben? Später lässt sie sich probehalber schminken, ein Muster eines Kosmetikprodukts kann sie aber nicht einsacken, das bekämen nur Kundinnnen, die etwas kauften. Jetzt sind die Lippen an der Reihe. Die haben schon mehr als genug rote Farbe abgekriegt, da bittet sie um mehr. Als sie kurz danach ihre erwachsene Tochter (Lolita Chammah, Huperts leibliche Tochter) sieht, kommentiert jene unverblümt, soviel Lippenstift sei im Rotlicht-Milieu üblich.

Aber zuviel von allem scheint das Lebensmotto dieser nun über 40-jährigen Babou (gewesen) zu sein. Zuviel von allem, war ihr aber anscheinend nie genug. Ihre Tochter ist das Produkt einer Mutter, die in der Welt umherzog, die einen Konventions- oder Tabubruch interessanter und vor allem amüsanter fand als ein gesichertes Leben oder eine feste Paarbeziehung. Das hat Spuren hinterlassen - auf beiden Seiten. Die Tochter wohnt zwar mit der Mutter zusammen, hat aber einen Freund, emanzipiert sich von der lange Zeit symbiotischen Beziehung. Die Tochter verdient etwas als Servierdüse, die Lage der Mutter ist prekär. Die Tochter will sich den gesellschaftlichen Spielregeln anpassen, die Mutter ist ihr peinlich. In dieses Feld voller Spannungen bläst ein Job-Angebot frischen Wind, das einen temporären Ortswechsel erfordert. So sind Mutter und Tochter räumlich getrennt, und Babou kann versuchen, etwas finanziellen Gund unter die Füße zu bekommen.

Trotz einiger feiner Pointen und einer in sich schlüssigen Geschichte muss man bemängeln, dass einige Figuren zu Karikaturen verkommen sind, was der Sozialkritik doch etwas von ihrer Überzeugungskraft raubt. Dass Babou einigermaßen plausibel wirkt, liegt vornehmlich an Isabelle Hupert. Es kommen einige Schlampereien in Details hinzu, worunter die eigentliche gute Idee leidet, diesen dramatisierten Wendepunkt einer Mutter-Tochter-Beziehung verspielt und komödiantisch darzustellen.

15.09.2010

3

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Kommentare

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zuckerwättli

vor 13 Jahren

Total ungekünstelt und ebenso witzig wie einfühlsam. Und da auf der Leinwand wirklich Mutter und Tochter spielen, springen die Funken nur noch intensiver. Ein herrlicher Film!


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