CH.FILM

Verso Belgien, Luxemburg, Schweiz 2009 – 105min.

Filmkritik

Strähl in Genf

Filmkritik: Eduard Ulrich

Zürich und Genf haben viel gemeinsam - nun auch einen Film mit einem Polizisten im Drogenmillieu als Hauptfigur. Allerdings hat Xavier Ruiz' düsteres Portrait seiner Heimatstadt wenig gemeinsam mit seinem Zürcher Pendant "Strähl": Seine Vorbilder spielen jenseits des Atlantiks.

Chapeau! Da schreibt der 1970 in Genf geborene Xavier Ruiz zusammen mit Nicholas Cuthbert ein Drehbuch, das eine komplexe, aber nicht verworrene Geschichte eines Drogenfahnders erzählt, der an seine eigenen Grenzen stößt, diejenigen der Gesetze aber rücksichtslos übertritt. Dann produziert und verfilmt er es auch gleich selbst, beweist visuelles Verständnis und stilistisches Können. Genf ist dabei nie pittoreske Kulisse, sondern vielmehr ein gesellschaftlicher Kosmos sich selten berührender Parallelwelten - versinnbildlicht durch den Verkehr auf den Stadtautobahnen.

Ruiz interessiert sich für die Ebene, in der sich Drogenhändler, Zuhälter und Prostituierte auf der illegalen, aber auch zwei konkurrierende Polizeieinheiten nicht immer auf der gesetzestreuen Seite bewegen. Auch wenn die Kamera den direkten Blick auf die rohe Gewalt scheut, so werden die kritischen Momente unmissverständlich präsentiert. Eine Osteuropäerin weigert sich zurecht, Männer ohne Kondom zu bedienen - sie wird gnadenlos gefügig gemacht. Ein Drogenverteilzentrum muss ausgehoben werden, die Polizei schlägt ebenso unbarmherzig zu. Die Gesetzeshüter setzen dieselben Mittel ein wie die Gesetzesbrecher; nur Drogen konsumiert man andere.

Alex (Laurent Lucas) mimt den harten Kerl, ist aber überfordert, privat sieht's desolat aus: geschieden, wenig Zeit für die Freundin, kaum Zeit für die Tochter, immer wieder Streit mit der Ex-Frau, die sich auch keine Zeit für die Tochter nimmt. Überhaupt sind alle Beziehungen von Defiziten geprägt. Als sein ehemals bester Freund und Arbeitskollege Victor (Carlos Leal) aus dem Gefängnis entlassen wird, holt Alex die Vergangenheit ein, denn er half, ihn hinter Gitter zu bringen. Beide sind in einen unausweichlichen Konkurrenzkampf verwickelt und suchen doch gegenseitige Anerkennung und Erlösung von den Traumata der gemeinsamen Geschichte, Privates und Berufliches durchdringen sich.

Der Spiegel, den Ruiz seiner Heimatstadt vorhält, zeigt ein dunkles Bild; oft ist es Nacht und generell sind die Farben ungesättigt. Die Tonspur trägt einen wesentlichen Teil zur Stimmung bei. Die Musik wurde weitgehend von bekannten Schweizer Musikern für diesen Film geschrieben, Stress übernahm sogar eine Rolle. Unnötigerweise wurde aber in einigen Szenen und beim Kulminationspunkt zu dick aufgetragen.

19.11.2009

4

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Kommentare

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Mikelking

vor 10 Jahren

Erst mal Kompliment: Endlich mal keine unlustige Komödie der Schweiz. Gut das war es auch schon mit den guten Worten. Leider haben die Schweizer Filmemacher gezeigt, dass sie auch dieses Genre nicht beherrschen. Die Darsteller nerven schon nach 15 Minuten und der Film ist miserabel synchronisiert. Stress sagt gerade mal 3-4 Sätze im Film und ist gross auf dem Cover. Das Drehbuch ist ausserdem schlecht umgesetzt.Mehr anzeigen


anabah

vor 13 Jahren

Für einen Schweizer Film ist "Verso" ok und kann durchhaus mit anderen Action-Streifen mithalten.
Doch die Story überzeugt mich nicht und ist ziemlich aus der Luft gegriffen, absolut nicht realitätsgetreu. Dies machen die Schauspieler wieder etwas wett.


marion

vor 14 Jahren

Also trotz der schlechten Kritik fand ich den Film gut, sehenswert und spannend. Empfehlenswert, absolut!


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