Nothing Personal Irland, Niederlande 2009 – 85min.

Filmkritik

Wo find ich eine Blüte, wo find ich grünes Gras?

Flavia Giorgetta
Filmkritik: Flavia Giorgetta

Zwei einsame Menschen begegnen einander und öffnen sich, teils widerwillig, füreinander. Die Naturaufnahmen und die Schauspieler in "Nothing Personal" bestechen, das Drehbuch allerdings wirkt unausgegoren.

Magisches Licht beleuchtet die karge Landschaft Irlands. Die Hauptfigur, eine namenlose Rothaarige, entflieht einer leeren Wohnung in Amsterdam, in der sie sich den Ehering vom Finger gezogen hat. Per Autostopp reist sie durch Irland, schläft im Zelt, begleitet nur vom ständigen Regen. Die unwirtliche Natur spiegelt ihr Inneres: "None of your fucking business" herrscht sie Martin an, als er sie nach ihrem Namen fragt. Dennoch: Das Haus des Eremiten wird ihr Obdach, sein Essen auch ihres - dafür arbeitet sie in seinem Garten. Schliesslich entwickelt sich eine Freundschaft, vielleicht gar Liebe zwischen der jungen Frau und dem vom Leben gegerbten Martin, den Stephen Rea (The Crying Game) mit viel Charme spielt.

Die Natur als Leitmotiv: Hier besticht Nothing Personal, der erste Kinospielfilm der Polin Urszula Antoniak. Martin und das Mädchen leben als Selbstversorger. Sie hört immer wieder Schuberts "Winterreise" und singt sie Martin gar vor, als sie ihn entgegen ihren Abmachungen etwas Persönliches fragt. Schliesslich wird sie trotz aller Annäherung fremd ausziehen, wie sie fremd eingezogen ist. Den Liedern gleich, wohnt "Nothing Personal" der Tod inne: Den Witwer Martin zieht es trotz kulinarischer, musikalischer und literarischer Genüsse ins Dunkle. Beide hüten Geheimnisse: Was trieb das Mädchen aus Amsterdam fort, worauf deutet verbranntes Spielzeug in Martins Garten?

Zu Beginn gleicht das Mädchen in ihrer Ungehobeltheit einer Karikatur: Abrupt lässt sie ihr aufgesetztes Lächeln fallen, sich zu bedanken erachtet sie als unnötige Konvention ("Für dieses Essen habe ich schliesslich gearbeitet"). Doch mit der Zeit schleicht sich Zärtlichkeit in die Beziehung der beiden - ihr Gesicht verliert die Härte (hier zeigt sich das Können der 28-jährigen Nachwuchsschauspielerin Lotte Verbeek, die am Filmfestival Locarno 2009 einen Silbernen Leoparden erhielt). Der Film allerdings wirkt mit der Zeit stellenweise maniriert - beispielsweise, wenn sich das nackte Mädchen an den in ein Laken gehüllten Martin schmiegt. Das sieht, von oben aufgenommen, sehr schön aus - plausibel ist es nicht. Auch bleiben die Geheimnisse der beiden im Dunkeln, sodass wir ihre Sehnsucht nach Einsamkeit nicht nachvollziehen können. Dass das Mädchen von Holland nach Irland reist, liegt wohl an den Auflagen der beiden Produktionsländer, im Drehbuch begründet ist es nicht. Den dramaturgischen Mängeln halten die formalen und schauspielerischen Stärken die Waage: Die (Körper-)Landschaften betören.

13.04.2010

3

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Kommentare

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Barbarum

vor 9 Jahren

Schöne Bilder der rauen Landschaft und eine unaufgeregte Erzählung schaffen eine Sogwirkung, die den Film sehr interessant macht. Man beginnt sich mehr und mehr für die Geschichte und die Figuren zu interessieren.


8martin

vor 10 Jahren

Der Titel zielt in die falsche Richtung, denn dieses Zweipersonen-Drama ist nur allzu persönlich. Eine äußerst herbe, karge Story, die fast ohne Dialoge auskommt. Der Tramp Anne (Lotte Verbeek) (erinnert stark an Agnès Vardas ‘Vogelfrei‘, dessen Klasse aber nicht annähernd erreicht wird.) macht einen Boxenstopp beim Außenseiter Martin (Stephen Rea). Keine Fragen, keine Namen, Arbeit gegen Essen. Wie die beiden kantigen, wortkargen Typen sich näherkommen wird in fünf Kapiteln eindrucksvoll erzählt. Aber bereits die Überschriften treffen nicht immer oder nur teilweise auf den Inhalt zu. Dafür entschädigen die großartigen, weitläufigen Landschaftsaufnahmen.
Die Endphase gerät etwas pointilistisch: unkommentierte Szenen werden wie auf einer Perlenschnur an einander gereiht: Martin besichtigt eine Wohnung, stirbt plötzlich, Anne packt ihn in das ‘Wonnelaken‘ und checkt in einem Hotel ein…Ende!
Es gibt viele Interpretationsmöglichkeiten für diesen individualistischen kleinen Film, von dem nur die Bilder einer Landschaft und zwei Gesichter bleiben. Die Unmöglichkeit ihrer gemeinsamen Existenz bricht schicksalhaft über die beiden eigenartig Verliebten herein. Sie ist von ihrem selbst vorgegebenen Weg abgewichen, er hat sich voller Hoffnung auf einen neuen begeben. Beide haben verloren.Mehr anzeigen


hawk8050

vor 13 Jahren

der Film scheint gut anzufangen, alles wird in Scene gesetzt. Doch dann passiert nicht mehr viel und der Film dümpeln dann etwas komisch dahin. Schade da wäre filmerisch weit mehr möglich gewesen.


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