Julie & Julia USA 2009 – 123min.

Filmkritik

Zwei Frauen am Herd

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Von der Charakter-Ikone zum späten Megastar mit Breitenwirkung: Meryl Streep verkörpert Julia Child, in den USA berühmt durch ihr 1961 erschienenes Kochbuch "Mastering the Art of French Cooking" und eine TV-Sendung, welche die französische Küche in Amerika populär machte.

Der Film von Nora Ephron setzt ein, als Child mit ihrem Diplomaten-Ehemann (Stanley Tucci) 1948 nach Paris zieht, wo er sie mit den Freuden eines Gourmets vertraut macht. Bald darauf gesellt sich zum Essen auch das Kochen als Hobby: Child belegt Kurse an der legendären, von Männern dominierten Kochschule "Le Cordon Bleu" und lernt schließlich Simone Beck und Louisette Bertholle kennen, mit denen sie sich an die Arbeit an ihrem Kochbuch für das amerikanische Publikum macht.

Wer die ganze Brillanz erfassen will, mit der Meryl Streep in "Julie & Julia" diese bemerkenswert moderne und emanzipierte Frau zum Leben erweckt, sollte zum direkten Vergleich einige TV-Ausschnitte der echten Julia Child auf YouTube heranziehen. Wie die Schauspielerin die Stimmlage, den Tonfall, den Dialekt der Köchin bis ins kleinste Detail hin bekommt, ist schlichtweg atemberaubend. Mit welcher Hingabe sie sich auf die Rolle stürzt, Childs Humor und ihre übergroße Lebensfreude vermittelt und sogar ihre Körpergröße von 1,88 m (Streep selbst misst gerade einmal 1,68 m) greifbar macht, lässt sich auf Anhieb erkennen.

Dass Childs Geschichte, die auf ihrer Autobiografie "My Life in France" basiert, einen großen Bogen um Kontroversen und Konflikte macht, hat durchaus einen Grund. Denn Ephron verwebt sie mit einem zweiten, ebenfalls auf wahren Begebenheiten basierenden Handlungsstrang. Ausgehend vom gleichnamigen Bestseller ist "Julie & Julia" nämlich auch die Geschichte der Autorin Julie Powell (Amy Adams), die eines Tages beschließt, in 365 Tagen alle 524 Rezepte aus dem Kochbuch ihres Idols nachzukochen und das Ganze täglich in einem Blog zu dokumentieren. Die Julia Child also, die es hier zu sehen gibt, ist weniger die reale Person als Powells idealisierte Vorstellung von ihr.

Es gibt durchaus Parallelen zwischen den beiden Frauen, deren Leidenschaft fürs Kochen ihr Leben alsbald in ganz neue, selbst bestimmte Richtungen führt und von sympathisch geduldigen Ehemännern mitgetragen wird. Geschickt springt der überaus unterhaltsame Film zwischen den Zeitebenen hin und her, wobei er auf eine kitschige Begegnung der beiden glücklicherweise verzichtet. Doch auch Ephrons mühelose, liebenswerte Inszenierung und ihre pointierten, heiteren Dialoge können nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier eine der beiden Protagonistinnen - und letztlich auch eine der beiden Schauspielerinnen - enorm viel interessanter ist als die andere.

15.09.2009

3

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Kommentare

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8martin

vor 3 Jahren

Julie OK, Julia Oh Weh!
Auch wenn der Film von Nora Ephron auf wahren Begebenheiten beruht, und auch wenn diese Julia Child, die Meryl Streep darin verkörpert, die erste TV Kochserie gestartet hat, so ist und bleibt es einer der schlechtesten Filme, in denen die Leinwandgöttin, die ich an sich sehr mag, aufgetreten ist.
Sie spielt eine unsympathische, laut polternde Diplomaten–Tussi, die vor lauter Langeweile angefangen hat zu kochen. Mit ein paar Kochkursen wird sie zur Ikone. Ihre schrille deutsche Synchronstimme tun ein Übriges, um sie unter den Dampfhammer zu werfen. War es eine Marktlücke, die sie entdeckte? Eine sympathische, schrullige Endfünfzigerin, wäre denkbar gewesen, hat aber Regisseurin Ephron offenbar nicht gefallen. Madame gackert durch die Gegend und vergeigt so manchen Gag, weil sie schlichtweg nur dämlich tönt. Allein der Gesichtsausdruck wechselt von einfältig bis extrem schlicht, betontes Dauergrinsen trübt den Blick. All das kann man Meryl nicht zum Vorwurfmachen. Höchstens der Regie. Nur vom Geldverdienen versteht sie offenbar etwas. Und das liegt daran, dass man ihr das nicht zutraut.
Mit dem Sprung in die Jetzt-Zeit rettet Amy Adams (Julie) was zu retten ist, will sagen Mrs. Child wird etwas in den Hintergrund geschoben, was dem Film guttut. Amy bringt natürliche Frische ins Konzept, auch fähigkeitsbedingte Fehlschläge und sogar menschliche Wärme, die die weiblichen Amerikanismen etwas abfedern.
Auch als Appetitanreger ist der Film ein Versager. Sorry Meryl.Mehr anzeigen


Urs23

vor 9 Jahren

Wunderbar, witzig, sehenswert. Vor allem wenn man Freude am Kochen hat.


2fuexli

vor 13 Jahren

Bischen langweilig...


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