Dieci inverni Italien, Russische Föderation 2009 – 99min.

Filmkritik

Angst, Ärger und Liebe in Venedig

Filmkritik: Eduard Ulrich

Valerio Mieli gelang mit seiner Regie-Diplomarbeit eine lebensnahe Beziehungsgeschichte, die von seinen ausgezeichnet besetzten Hauptrollen getragen wird. In modellhaften Situation wird eine asynchrone Fernbeziehung durchexerziert, in dem ihr über 10 Jahre verteilt immer wieder auf den Puls gefühlt wird.

Camilla zieht vom Land zum Studium nach Venedig. Silvestro sollte wohl auch dort mit einem Studium beginnen, aber wann genau und welches Fach, ist ihm selbst nicht klar, denn er scheint sich vor allem für Beziehungen zu interessieren. Camilla ist strebsam, vielleicht ein wenig gehemmt im Umgang mit neuen Bekannten, Silvestro hat einen Hang zum Clownesken und findet schnell Kontakt. Venedig ist klein, die Uni ist noch kleiner, die Wohnungsnot umso größer, und so laufen sich die beiden nicht nur ein paarmal über den Weg, sie kommen auch miteinander ins Geschäft, als mal wieder Plätze in Wohngemeinschaften umverteilt werden.

Gelegenheiten, sich zu treffen, gibt es also einige, und den StudentInnen der Ausbildungsstätte, an der dieses Werk entstand, sind über die Jahre einige Variationen eingefallen. Auch die Produzenten stammen von der selben Akademie, womit alle Herstellungsphasen der Ausbildung dienen konnten. Der evolutionäre Entstehungsprozess spiegelt sich wohl in der Variantenvielfalt wider, die komplentär einen nicht stringenten Verlauf zur Folge hat. So bekommt dieses Lebens-Puzzle etwas zufälliges, beliebiges, aber alles bleibt in einem plausiblen Rahmen und gerade die psychologische Zeichnung der beiden Persönlichkeiten in ihrer scheinbar losen, aber von untergründiger Intensität geprägten Beziehung bei meist getrenntem Tisch und immer getrenntem Bett ist präzise, selbst wenn dabei nicht jedes Klischee umschifft wird, weil nun einmal typische Situationen gezeigt werden.

Meist geht es um Verletzungen und die Reaktionen darauf, da können die beiden HauptdarstellerInnen zeigen, was sie drauf haben, und man sieht ihrem engagierten Treiben gern zu. Den Tiefgang hat sich Valerio Mieli anscheinend vom Leben abgekuckt, denn sein Drehbruch trägt autobiographische Züge und basiert bei seinem Alter auf einer guten Portion Lebenserfahrung. Man könnte vielleicht feststellen, dass er nach seinem eher theoretisch orientierten Philosophiestudium nun die Praxis erprobt. Auch wenn die Geschichte dieses Reifeprozesses an "keiner" Beziehung durchaus ein größeres Publikum ansprechen sollte, so hat sich Mieli in seinen Bildern von Venedig erklärtermaßen und tatsächlich auf den Alltag der Wege übers Wasser, Beizenbesuche und das Gebiet der Lagune außerhalb des touristischen Zentrums konzentriert und vermeidet so Kitsch und Parallelen.

14.01.2011

3

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