CH.FILM

Coeur animal Schweiz 2009 – 91min.

Filmkritik

Von Tieren in Menschen

Filmkritik: Cindy Hertach

Frei nach dem Roman "Rapport aux bêtes" erzählt die Schweizerin Séverine Cornamusaz von einem Bauern, der seine Frau misshandelt. Erst als sie todkrank vor ihm flüchtet, beginnt er, sich selbst zu hinterfragen. Das psychologisch nicht immer ganz schlüssige, aber wunderbar gefilmte Spielfilmdebüt wurde 2010 mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet.

Bergbauer Paul (Olivier Rabourdin) lebt zusammen mit seiner schönen Frau Rosine (Camille Japy) auf einer abgeschiedenen Schweizer Alp, wo er mit strenger Hand über sein kleines Reich herrscht. Der Alltag inmitten der kargen Natur ist von harter und eintöniger Arbeit geprägt. Während Paul sich mit sanfter Geduld um seine Tiere kümmert, beschimpft, misshandelt und vergewaltigt er seine Frau in regelmässigen Abständen. Als Rosine erkrankt und nicht mehr arbeiten kann, beschliesst Paul, einen Wanderarbeiter anzuheuern. Mit dem Spanier Eusebio (Antonio Buil) kommt Pauls Gegenstück auf den Hof. Dank seiner charmanten und mitfühlenden Art freundet er sich rasch mit Rosine an, zieht aber gleichzeitig Pauls Hass auf sich. Als Rosine eines Tages von ihrem Mann verprügelt zusammenbricht, ist es Eusebio, der sie ins Krankenhaus bringt, während Paul rasend vor Wut zurückbleibt.

Séverine Cornamusaz erzählt das Drama des Unmenschen Paul vor allem in der ersten Hälfte des Films stringent und kompromisslos. In einsilbigen Szenen und vor dem bedrückenden Hintergrund einer ärmlichen Bauern-Existenz, zeichnet sie das Bild eines emotional behinderten und unzureichend sozialisierten Menschen - alleine aufgezogen von einem Vater, der vermutlich genau so war wie Paul es jetzt ist.

Dennoch wirkt einiges in "Coeur animal" nicht immer so schlüssig. So bleibt unklar, wie sich die schöne und sensible Rosine in einen derart verhaltensgestörten und gewalttätigen Mann wie Paul verlieben konnte. Und wenn Paul in der zweiten Hälfte des Films unter dem Einfluss des verhassten Spaniers lernt, menschliche Gefühle zuzulassen und zu artikulieren, vollzieht sich diese Entwicklung doch allzu rasch und reibungslos. Aber selbst diese erzählerischen Defizite vermögen die wuchtige Kraft dieses Films nicht abzuschwächen. Dank der beeindruckenden schauspielerischen Leistung und der Spannung, die durch das räumliche Wechselspiel zwischen wunderschöner, schroffer Berglandschaft und klaustrophobischen Innenräumen erzeugt wird, wird "Coeur animal" zu einem archaischen Kammerspiel, das lange nachhallt.

24.11.2011

4

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Kommentare

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davidkoch

vor 13 Jahren

Archaische Geschicht aus heimatlichen Gefilden. Erschütternd.


selinaburri

vor 13 Jahren

wow wow wow. beeindruckend, echt, toll. SUPER FILM!!!


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