Illuminati - Angels & Demons USA 2009 – 140min.

Filmkritik

Römische Schnitzeljagd

Simon Spiegel
Filmkritik: Simon Spiegel

"The Da Vinci Code" hat vor drei Jahren eindrücklich vorgeführt, dass ein übergrosser Medienrummel jede filmische Qualität ersetzen kann. Von der Kritik war Ron Howards Obskuranten-Thriller einstimmig verrissen worden, dem kommerziellen Erfolg tat dies keinen Abbruch. Und so kommt mit "Angels & Demons" bereits die Fortsetzung in die Kinos.

Bei der Verfilmung von Dan Browns Bestseller (eigentlich vor "The Da Vinci Code" erschienen) hält man sich weitgehend an das Rezept des Vorgängers: Tom Hanks gibt wieder den Symbolspezialisten aus Harvard, der gerufen wird, um eine Intrige aufzuklären: Während im Vatikan die Papstwahl über die Bühne gehen soll, hat ein gottloser Geselle vier Kardinäle entführt, von denen er zu jeder vollen Stunden einen töten wird. Um Mitternacht soll dann der ganze Vatikan in die Luft gesprengt werden - mit Antimaterie, die zu Beginn des Films aus dem CERN geklaut wird.

Glücklicherweise gibt sich der antipäpstliche Terrorist von Anfang an als Mitglied des mittelalterlichen Illuminatenordens zu erkennen. Dieser aufklärerische Geheimbund hat zwar bereits 1785 (weniger als ein Jahrzehnt nach seiner Gründung) seine Tätigkeiten wieder eingestellt, lebt aber bis heute in zahlreichen Verschwörungstheorien weiter. Und schliesslich braucht das Drehbuch ja einen Grund, um Langdon nach Rom zu fliegen.

Im Vergleich zu seinem Vorgänger stellt "Angels & Demons" eine klare Steigerung dar. Tom Hanks hat eine weniger dämliche Frisur, und der Film fliesst deutlich besser. Allerdings scheinen Regisseur Ron Howard und seine beiden Drehbuchautoren noch immer nicht verstanden zu haben, dass der Reiz von Browns Romanen nicht in deren mechanischem Plot liegt, sondern im fröhlichen Zusammenpanschen von historischen Fakten, Verschwörungstheorien und frei Erfundenem. Für derartige Ausführungen hat der Film allerdings keine Zeit.

Kaum in Rom angekommen, begibt sich Landon auf eine ganz ähnliche Schnitzeljagd wie vor drei Jahren in Paris. Gemeinsam mit einer Teilchenphysikern (Ayelet Zurer) eilt er von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten und löst allerlei Rätsel. Praktischerweise legen Geheimbünde bei ihren Verbrechen ja immer eine Spur, der man mit dem nötigen okkulten Wissen folgen kann. Für den Zuschauer fallen so immerhin praktische touristische Kurzinfos an. Das Entschlüsseln der Rätsel wird dabei auf ein Minimum reduziert: Meistens muss Langdon nur eine Statue finden und schauen, wo sie hinzeigt - und weiter geht die Jagd.

Parallel zu diesem «Giro di Roma» gehen im Vatikan finstere Machenschaften vor sich: Derweil das Konklave der Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle tagt, versucht der jugendliche Camerlengo (Ewan McGregor), Langdon bei dessen Nachforschungen zu unterstützen. McGregor darf schliesslich noch eine längere Rede zum Verhältnis von Religion und Wissenschaft halten. Auch dieses Thema muss mit rein - wenn auch in einer Readers-Digest-Version. Das Hauptproblem des Films ist ohnehin seine überorchestrierte Prätention: Hier soll es um die ganz grossen Fragen gehen, deshalb dräut die Musik auch ohne Unterlass und schaut Hanks andauernd schräg aus der Wäsche. Am Ende ist "Angels & Demons" aber lediglich gross aufgezogener Ramsch, der wohl am unterhaltsamsten ist, wenn man ihn keinen Moment lang ernst nimmt.

24.01.2012

3

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Kommentare

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8martin

vor 10 Jahren

Hier ist mal der zweite Teil besser als der erste. Der hier ist spannender und komplexer und wartet am Ende mit mehreren überraschenden Wendungen auf. Gleichbleibend ist das Bemühen um liturgische Korrektheit und ein authentisches Ambiente. Über weite Strecken versuchen Professor Langdon (Tomo Hanks) und die Physikerin Vittoria Vetra (Ayelet Zurer) herauszufinden, wer hinter dem Angriff auf die Kirche steckt. Lange Zeit sehen wir von den Bösewichtern nur einen Killer (Nikolaj Lie Kaas). Dabei kann man den kunsthistorischen und religiösen Hinweisen durchaus folgen. Auch wenn mitunter Kommissar ‘Zufall‘ bei den Ermittlungen behilflich ist, wenn man die vier Elemente und den Fingerzeig mancher Figuren richtig deutet. Die Nachforschungen der beiden Wissenschaftler laufenden parallel zum Konklave der Papstwahl. Ganz nebenbei geht es gesprächsweise auch noch um Galileos Thesen und die Macht der Großkonzerne.
Vor dem infernalen Ende ist ein Highlight, wenn sich Tom Hanks als lebensrettender Taucher betätigt.
Die Schlusspassage wartet mit mehreren überraschenden Wendungen auf. Hier wechseln der Polizeikommandant (Stellan Skarsgard) und der päpstliche Kämmerer Patrick McKenna (Ewan McGregor) eindrucksvoll die Fronten. Bis beim letzten Versuch McKenna vom heldenhaften Papstkandidaten zum selbstgemachten Märtyrer wird. Und der weiße Rauch besagt: ‘ Der Papst ist tot, alle Katholiken sind in Not. Doch sie können sich freuen. Sie haben bald einen neuen. ‘ Pompöser, religiöser Nervenkitzel auf der Fortschrittsschiene.Mehr anzeigen


Tatschi82

vor 11 Jahren

Ich war leider enttäuscht von der Umsetzung. Das Buch ist so toll, verstehe nicht, warum man immer alles abändern muss und Tom Hanks finde ich auch keine ideale Besetzung für Robert Langdon


oberlaender

vor 11 Jahren

Illuminati ist wie Sakrileg ein Versuch Hollywoods, aus den Mythen der katholischen Kirche einen Blockbuster zu kreieren, der die Kassen füllt. Die geharnischte Kritik am ersten Film hat Regisseur Howard nun aber zurückkrebsen lassen. Der Film wurde ggü. der Buchvorlage stark entschärft und verändert, aus einem religionskritischen Buch ist ein zahmer Thriller geworden, der keine künstlerische Ansprüche stellt, sondern nur unterhalten will. Und selbst das gelingt ihm mehr schlecht als recht. Das Tempo wird so hoch gehalten, dass der Kinobesucher keine Chance hat, dem Plot zu folgen oder sich gar über das Thema Gedanken zu machen. Und das ist schade: Gerade die nicht sonderlich heile Vergangenheit der Kirche hätte durchaus eine kritischere Betrachtung verdient. Doch dafür ist hier keine Zeit.Mehr anzeigen


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