Two Lovers USA 2008 – 110min.

Filmkritik

Melancholia Beach, Brooklyn

Sonja Eismann
Filmkritik: Sonja Eismann

Mit seinem dunklen Romantik-Drama schlägt der Crime-versierte "Little Odessa"-Regisseur James Gray ganz andere Töne an: Joaquin Phoenix brilliert als depressiver New Yorker, der - kaum sich selbst gewachsen - auf einmal mit zwei Frauen in seinem Leben umgehen muss.

Leonard Kraditor (Joaquin Phoenix) ist als ausgewachsener Erwachsener nicht mehr in dem Alter, in dem man normalerweise noch bei den Eltern wohnt. Schnell wird klar, wieso er trotzdem noch bei Papa und Mama (wunderbar bieder: Isabella Rosselini und Moni Moshonov) in der dunklen Brooklyner Wohnung seine Tage fristet: Er ist depressiv bis selbstmordgefährdet und versucht gerade, über eine schlimme Trennung hinwegzukommen. Neben der Arbeit im elterlichen Reinigungsgeschäft gibt es - außer seiner Schwarz-Weiß-Fotografie - nicht viel, was ihn beschäftigt.

Seine Eltern hoffen, ihn mit Sandra, der Tochter eines Geschäftsfreundes verkuppeln zu können. Doch per Zufall lernt Leonard zur gleichen Zeit eine junge Nachbarin namens Michelle (Gwyneth Paltrow) kennen, die ihn mit ihrer zwischen Egoismus und Selbstzweifeln schwankenden Unruhe fasziniert. In ihr, die immer wieder an ihrer selbstzerstörerischen Affäre mit einem wohlhabenden älteren Mann verzweifelt, glaubt er eine Seelenverwandte entdeckt zu haben. Doch auch die stille Sandra (Vinessa Shaw) hat sich mittlerweile in seinem Leben eingerichtet, so dass Leonard, der kaum Überlebenswillen für einen hat, sich in der pardoxalen Situation wieder findet, seine Gefühlswelt auf zwei Personen auszurichten.

Der Film, in melancholisch bräunlichen Farben gehalten, die Leonards emotional desolaten Zustand wie auch das triste Winterwetter von Brighton Beach, Brooklyn intensiviert zu den Zuschauern zurückwerfen, treibt seine Geschichte mit beinahe minimalistischem Understatement voran. Nichts an der Behandlung der Dreiecks-Geschichte, die so gar keine klassische Dreiecks-Geschichte ist, wird sensationalistisch ins Licht gerückt, und doch hat man, hinter all den ruhigen Worten der liebevoll-hilflosen Eltern, stets den Eindruck, dass der Film auf eine Katastrophe zusteuert. Zu aufgeladen ist die Ausgangssituation, zu fragil der Zustand von Leonard, der hier von Phoenix meisterlich als seelisch Gebrochener im scheinbar kraftstrotzenden Körper dargestellt wird, als dass man nicht um den Ausgang fürchten müsste. Als die Ereignisse ihren Höhepunkt erreichen, ist immer noch nicht klar: Ist das jetzt die Katastrophe, oder doch das Happy End?

Es ist diese subtil inszenierte Ambiguität, gepaart mit den so traurigen wie normalen Alltagsszenen, die den Reiz dieses bewusst unspektakulären und dabei doch rätselhaften Filmes ausmachen. Allein Gwyneth Paltrow als von ihren eigenen Sehnsüchten und Bedürfnissen hin- und hergebeuteltes, entschlussschwaches Glamour-Wesen mit wallendem blonden Haar, das mit seinem erratischen Verhalten Leonard immer wieder schmerzhaft widersprüchliche Messages sendet, ist manchmal in seiner narzisstischen Flatterhaftigkeit schwer zu ertragen. Doch genau um diese Intensität, die die Einförmigkeit von Leonards Tagen punktiert, geht es wohl - so dass alle, Hauptdarsteller und Publikum, auf ihre eigene Weise durch den Schmerz müssen.

10.01.2012

4

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Kommentare

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anabah

vor 14 Jahren

Ich hatte relativ hohe Erwartungen an den Film, nicht zuletzt auch wegen Phoenix/Paltrow. Ich finde das Thema des Filmes interessant, doch hat er mich auch nicht restlos überzeugen können.
Joaquin Phoenix als Leonard kann man nicht entschlüsseln. Seine Person wurde sehr diffus dargestellt, hin- und hergerissen zwischen zwei Frauen, relativ unselbständig privat und beruflich und von den Eltern bemuttert und auch fast bevormundet.
Er trifft auf eine blonde Schöne, Gwyneth Paltrow, die ihn anscheinend nur deswegen fasziniert. Ihr Charakter ist ebenfalls nicht ganz klar definiert, sie weiss aber sehr gut, wie man Menschen benutzen kann.
Eigentlich wird nur die Person der Dritten im Bunde, der unwissenden Tochter des neuen Chefs, klar umrissen. Es ist hart zu sehen, wie sie versetzt wird.
Ich mag die Grundstimmung des Films und es kommen ein paar sehr gelungene Kameraeinstellungen vor. Bei der Machart hat der Regisseur gute Arbeit geleistet.Mehr anzeigen


güx

vor 14 Jahren

Achtung Spoiler

Die Geschichte um einen Mann, der sich nicht zwischen zwei sehr unterschiedlichen Frauen entscheiden kann, ist nun wirklich alles andere als neu.
Michelle (schlecht gespielt von Gwinnie Paltrow) nervt mit der Zeit einfach nur noch mit ihrer manipulativen Art. Sie lässt Leonard nicht mehr aus ihren Fängen, obwohl sie in einer (höchst seltsam anmutenden) Beziehung mit einem sehr viel älteren Mann steckt.
Dauernd ruft sie ihn an und sagt: Ich kann dies nicht ohne Dich, ich kann das nicht ohne Dich. Bitte hilf mir. Komm schnell vorbei. - Was Lenny dann auch stante pede macht. Selbst schuld.

Zu diesem Zeitpunkt hat er allerdings schon Sandra kennengelernt, eine sehr nette, (zu?) bodenständige Frau. Seine Eltern versuchen unverhohlen, die beiden zu verkuppeln. Warum auch nicht?
- Und so entwickelt sich dann eine Geschichte, die deprimierender nicht sein könnte. Wer von einem "offenen Ende" spricht, interpretiert meiner Meinung nach den Film nicht richtig. Am Schluss ist eigentlich alles gesagt.
"Nimm was Du kriegen kannst, auch wenn es second best ist", scheint sich Lenny zu sagen. Brrrrr, bei dieser Einstellung bekomme ich Flöhe!

Ich fand den Film enttäuschend. Bin eigentlich ein grosser Fan von J. Phoenix, aber hier verkauft er sich definitiv unter Wert. Gwinnie kann einfach nicht schauspielern, die andere weibliche Nebenrolle (Vinessa Shaw, für mich ein neues Gesicht) ist ganz OK.
"Two lovers" ist kein Feelgood-Movie und für Frischverliebte nicht zu empfehlen. Auch Paaren würde ich abraten. Ich fand den Film mit seiner Message sehr heftig und zu schwarz/weiss. Nicht sehenswert. Leider.Mehr anzeigen


k8iee

vor 14 Jahren

Ich weiss nicht ob ich zu hohe Erwartungen bezüglich dieses Films hatte, aber ich war ziemlich enttäuscht.
Die schauspielerische Leistung von J. Phoenix war sehr gut und es gab vereinzelt interssante Szenen.
Abgesehen davon war der Film langweilig. Er versucht tiefgründig zu wirken, ist es aber nicht. Im Gegenteil: Meiner Meinung nach werden die Beziehungen zwischen Phoenix und beider der Frauen nur oberflächlich behandelt und wirken unglaubwürdig. Auch seine Depression wird irgendwie etwas links liegen gelassen; dasselbe gilt für die Drogenprobleme von Paltrow.
Alles in allem hat mich die Story nicht überzeugen und ich halte den Film zwar für im Ansatz interessant aber im Grossen und Ganzen für misslungen.
Ich würde den Film nicht weiter empfehlen.Mehr anzeigen


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