Die Schwester der Königin Grossbritannien, USA 2008 – 105min.

Filmkritik

Bettspiele am englischen Königshof

Thomas Hunziker
Filmkritik: Thomas Hunziker

Wie ertragreich die britische Geschichte doch für das Kino ist: Nachdem sich Shekhar Kapur in «Elizabeth: The Golden Age» schon zum zweiten Mal der Virgin Queen zugewandt hat, widmet sich nun Justin Chadwick in «The Other Boleyn Girl» sozusagen der Vorgeschichte. Die Mutter von Elizabeth I. und ihre Schwester buhlen um das Herz des Königs.

Die Schwestern Anne (Natalie Portman) und Mary Boleyn (Scarlett Johansson) wachsen im idyllischen Dörfchen Rochford auf. Doch ihr Vater (Mark Rylance) und dessen Schwager, der Duke of Norfolk (David Morrissey), beabsichtigen durch geschickte Vermählungen den Einfluss und Reichtum der Familie zu stärken. Weit entfernt braut sich ein Unwetter über dem Königreich zusammen. König Henry VIII. (Eric Bana) erwartet von seiner Gattin Katharine of Aragon (Ana Torrent) endlich einen männlichen Nachfolger. Doch der ersehnte Junge stirbt bei der Geburt.

Am Tag als Mary ihre Hochzeit feiert, erfahren die Boleyns, dass ihnen Henry VIII. einen Besuch abstatten wird. Anne erhält den Auftrag, die Aufmerksamkeit und Gunst des Königs zu erlangen. Als der König den Landsitz der Boleyns besucht, verletzt ihn allerdings die ungestüme Anne in seiner Ehre. Danach hat er nur noch Augen für Mary. Sie soll mit ihrem Mann nach London ziehen. Der König lässt die junge Frau unmissverständlich wissen, dass er von ihr körperliche Befriedigung erwartet. Doch Henry ist auch charmant, und so verliebt sich die jüngere Schwester in den König. Als sie schwanger wird, kühlt sich die Beziehung jedoch wieder ab. Anne wird als Aufpasserin zwischen die Fronten geschickt.

So oder ähnlich haben sich die Ereignisse zugetragen. Die Schriftstellerin Philippa Gregory hat aus den Eckdaten ein einfühlsames Drama über die Rolle der Frau in der patriarchalischen Gesellschaft geschaffen. Dieser Roman ist nun vor allem bezüglich Ausstattung opulent auf die Leinwand umgesetzt worden. Die Stärken der Inszenierung liegen dann auch vor allem bei den Kostümen von Sandy Powell, die für «The Aviator» und «Shakespeare in Love» Oscars gewonnen hat.

Fernsehregisseur Justin Chadwick nähert sich den Figuren mit einer gesunden Distanz. In vielen Einstellungen lässt er die Figuren hinter Absperrungen auftauchen oder trennt einen Teil der Leinwand durch Konstruktionen im Vordergrund ab. Dadurch entsteht auch eine Atmosphäre der Bespitzelung, die durchaus angebracht ist. Am Hof von Henry VIII. war niemand vor neugierigen Augen und Ohren sicher.

Die historischen Umstände - von Gregory ausführlich auf über 600 Seiten erzählt - werden von Drehbuchautor Peter Morgan verständlicherweise auf einige nachvollziehbare Szenen reduziert. Doch auch so lässt sich erkennen, wie Frauen zwar missbraucht worden sind, aber gleichzeitig über mehr Macht verfügten, als manchen Männern lieb war. Im Spannungsdreieck zwischen den Liebenden entspinnt sich so ein schnörkellos erzählter Abnützungskampf mit zahlreichen Intrigen und undurchsichtigen Ränkespielen.

28.02.2017

3

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Kommentare

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Gelöschter Nutzer

vor 13 Jahren

Ein etwas kruder Kostümschinken mit prominenter, weiblicher Besetzung (Portman, Johansson). Im Mittelpunkt steht das Bemühen des hochnotgeilen Königs Heinrichs VIII. einen männlichen Thronfolger mit den Boleyn Sisters zu zeugen. Die Dialoge sind nicht unbedingt zeitgemäß für das frühe 16. Jahrhundert. Sie enthalten emanzipatorische Argumente aus den 60er Jahren unserer Zeit. Lediglich für das Verhalten von Männlein und Weiblein im Bett wird das passende Verb ’beiwohnen’ verwendet. Die schwarzhaarige! böse Schwester Anne überrascht mit Weitblick in der europäischen Diplomatie und lenkt den König behänd und zielbewusst. Für diese historische Figur gibt es bessere filmische Vorlagen. Der hier (Eric Bana) wirkt eindimensional und bleibt etwas vage. Kein echter Absolutist! Wer den kritischen Abstand nicht schafft, kann von dem emotionalen Geschwurbel zwischen diversen Geburten und Verrat, zwischen Intrigen und höfischen Anfeindungen beeindruckt werden.Mehr anzeigen


mela86

vor 15 Jahren

Ich wollte den Film zuerst gar nicht sehen, doch meine Kolleginnen haben mich einfach mitgenommen. Bin total positiv überrascht worden! Der Film ist echt gut.


mat1177

vor 15 Jahren

Ein absolut gelungener Film!!! Bringt die Geschichte der TUDORs auf sehr wahrheitsgetreue Art und Weise zum Publikum!!!!!!!


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