Rumba Belgien, Frankreich 2008 – 77min.

Filmkritik

Alles so schön bunt hier

David Siems
Filmkritik: David Siems

Zwei Amateur-Tänzer und die Folgen eines Autounfalles: Die Tragikomödie, eine französische Liebeserklärung an den schwarzen Humor, ist wohl einer der ungewöhnlichsten Filme des Jahres 2008.

Das Lehrerpaar Fiona (Fiona Gordon) und Dom (Dominique Abel) frönt nach Feierabend ihrem Lieblingshobby. Sie tanzen Rumba, leidenschaftlich und äußerst erfolgreich. Auf Turnieren räumen sie regelmäßig Preise ab. Eines Tages stellt sich ihnen dummerweise ein Selbstmörder vor das fahrende Auto. Bei dem Unfall kommt der Mann mit dem Schrecken davon, Fiona aber verliert ein Bein und Dom sein Gedächtnis. Nach ein paar Wochen fackelt der Gatte auch noch versehentlich das Eigenheim ab, später vergisst er den Weg nach Hause.

Bei so viel Schicksalsschlägen soll einem noch zum Lachen zu Mute sein? Aber ja doch. In wunderbaren Slapstick-Einlagen und schwarzhumoriger Selbstironie versuchen Fiona und Dom die Liebe für sich neu zu entdecken - und sich selber wiederzufinden. Dabei entsteht ein buntes Bilder-Kunstwerk, irgendwo zwischen liebevollem Kinder-Comic und Hommage an Monsieur Hulot, der Slapstick-Figur des französischen Regisseurs und Schauspielers Jacques Tati. Ohnehin ist Rumba mehr wunderbar komponiertes Bild-Kunstwerk als bloße Unterhaltung und außerdem so ungewöhnlich gemacht, dass man von einem der speziellsten Filmen des Jahres reden kann.

"Rumba" ist ein tragikomischer und farbenfroher Bilderrausch, der mit einfachen Mitteln zeigt, wie traditioneller clownesker Humor funktionieren kann. Wäre Aki Kaurismäki nicht Finne, sondern in einem sonnigen Karibikstaat geboren, könnte dieser Film glatt von ihm stammen. Hinter "Rumba" stecken allerdings die drei Hauptdarsteller Fiona Gordon, Dominique Abel und Philippe Martz - alle drei erfahrene Theatermacher - die im französischen Hinterland auf die Suche nach menschlichem Glück gehen und dabei zeigen, wie man alles verlieren und sich trotzdem damit abfinden kann. Am Schluss bleibt die überraschende Erkenntnis: Wie gut es doch tut, wenn man mal unbeschwert über das Schicksal anderer lachen darf. Selten hat Schadenfreude mehr Spaß gemacht.

12.12.2008

4

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Kommentare

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cebos

vor 15 Jahren

Je länger der Film dauert, desto weniger funktioniert er. Einige gute und humorvolle Ideen, das reicht aber leider nicht..


brodequin

vor 15 Jahren

Ich hatte eigentlich etwas in Richtung "You the Living" erwartet, der Film war aber bedeutend weniger unterhaltsam und z. T. zu voraussehbar. Einige Gags waren in Ordnung, andere hingegen viel zu platt und abgedroschen.


cineast2001

vor 15 Jahren

Wie man mit wenigen filmischen und schauspielerischen Mitteln, vorausgesetzt der Zuschauer ist noch Abstraktionsfähig, einen gelungenes filmisches Experiment auf die Leinwand bringen kann und der Humor und Spaß nicht zu kurz kommt lässt zeigen uns die französisch/belgischen Regisseure und Schauspieler Dominique Abel und Fiona Gordon mit "Rumba".

Darüber hinaus nehmen Sie uns mit auf eine melancholische- skurrile Zeitreise zu den filmischen Stilmitteln eines Mr. Hulot und der "Novelle Vague".

Es handelt sich hierbei um eine einzigartige Kolportage dieser Filmstile, die man als Cineast schon vergessen oder im Kinoarchiv verschollen glaubte.

Wer Spaß an diesen Filmstilen hat, sollte sich unbedingt diesen Film" ansehen. Den anderen, welche die "Novelle Vague" für einen französischen Weichkäse halten, sollten doch bitte diesen Film meiden oder auf eine filmische Entdeckungsreise gehen. Für Filmgeschichte und Hintergrundwissen ist es nie zu spät!!

Achtung: Hierbei handelt es sich nur um meine Meinung für die ich keine Gewähr(aber eine Flinte!) übernehme und die Haftung ausschließe!
Zu Risiken und Nebenwirkungen dieses Kommentars lesen Sie bitte die Filmkritik auf "cineman. ch" oder fragen Sie bitte an den Kassen Ihres Kinos oder "beschimpfen“ Sie den Regisseur, Darsteller und /oder Produzenten!Mehr anzeigen


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