Maradona by Kusturica Frankreich, Spanien 2008 – 97min.

Filmkritik

Auf allen Knien

Stefan Gubser
Filmkritik: Stefan Gubser

Das Warten hat ein Ende, gelohnt hat es sich vor allem für die Fussballfans: Hobbyfussballer Emir Kusturica versucht eine Annäherung an die Fussballikone Diego Armando Maradona - und stolpert ins Abseits.

Dass Diego Armando Maradona noch nicht im Land Gottes lebt, ist ein grosses Wunder - ein kleines, dass es diesen Film überhaupt gibt. Vier Jahre lang hatte ihn Emir Kusturica der Welt versprochen, aber es kam nie etwas anderes als ein ewiges "demnächst". Als Maradona diesen Frühling in Cannes, wo der Film ausser Konkurrenz gezeigt wurde, über den roten Teppich schritt, rieb man sich verwundert die Augen. Der mehrfach totgesagte und vermutlich sicher beste Fussballer der Geschichte wirkte so schlank wie zu seinen besten Zeiten. Nur Kusturica sah fertiger aus, als sein Film es endlich war; er ist auch sein eigenes Making of geblieben.

Schon im Anfang wird sehr klar, wie dieses Spiel läuft. Kusturica wird vom Sänger seines No Smoking Orchestras als "Maradona des Films" auf die Bühne gerufen. Hier treffen sich zwei Seelenverwandte, behauptet "Maradona by Kusturica", kaum rollt der Film, und spätestens, als Maradona seine Fidel Castro- und Che Guevara-Tattoos in die wacklige Kamera halten darf, erkennt auch der Halbwissende, was er schon vorher ahnte. Die beiden verbindet ein leidenschaftlicher Anti-Amerikanismus. Etwas Ur-Rebellisches. Oder pathetischer gesagt: Eine Art "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns"-Gefühl, das sich gern ins Opfermythische verliert.

Dumm ist dieser Film natürlich nicht, auch weil er sein eigenes Scheitern mitreflektiert; peinlich eher, wie Kusturica sich immer wieder dem grossen Kleinen zu Füssen wirft und dabei durchaus seinen Kopf verliert - gerade wenn's politisch mal komplexer wird. Aber möglicherweise ist es klug, dass Kusturica nie einen Hehl daraus macht, dass er sich nicht nur als Maradona sieht, sondern auch dessen grösster Fan ist, der sein erzählerisches Heil in einer offen eingestandenen Distanzlosigkeit sucht, auch wenn sehr oft nur findet, was der Fussballer Trashtalk nennt.

Sätze aus der Tiefe des Raumes tönen anders als Maradonas verschwörungstheoretische Andeutungen, als er beispielsweise über Drogen im Fussball spricht. Aber wenn die Haut das Tiefste an einem Menschen ist, wie ein kluger Franzose einmal schrieb, sind es bei Maradona nicht seine Pässe und Spässe und Tore auf dem Rasen, der ihm die Welt bedeutete? Und dann sagen diese Bilder ohnehin mehr als jene tausend Worte, die Kusturica in seinem Balkanenglisch aus dem Off spricht. Maradonas fanatischst bejubelte Rückkehr nach Neapel. Oder wie er an seinem 40. Geburtstag ein Lied singt, das die Tragik seines Lebens erzählt. Das ist ja richtig rührend.

17.02.2024

3

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Kommentare

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dembatoure

vor 15 Jahren

Da bin ich anderer Meinung...
Nach dem Film fühlte ich mich - passend - wie auf Drogen.
Ich mag die Art, wie gefilmt wurde, phasenweise ist man im Imax-Stil mittendrin statt nur dabei.
Und über die Tore fehlen mir sowieso jegliche Worte.


castilla

vor 15 Jahren

Leider ein unterdurchschnittlicher Film über einen Ausnahmespieler. Die Szenen aus dem Spiel von Maradona sind sehenswert - allerdings erlaubt dies noch keinen abendfüllenden Film. Der Regisseur hat deshalb dem Hauptdarsteller viel Raum für die eigene Interpretation seines Erfolgs, seine eigene Geschichte und seinen Kampf zurück in die Normalität gegeben. Fazit: Selbstverliebte Statements zu Gerechtigkeit, während sämtliche Schuld an seinen Misserfolgen/Drogenexzessen und der Armut seines Landes anderen zugeschoben wird. Zugegeben, er hat Charisma und ist sympathisch, wie er gegen den (noch) US-Präsidenten wettert, aber die blinde Bewunderung für Che oder Fidel (fehlt nur noch Stalin) sind peinlich. Kusturica sollte lernen, Regie zu führen, anstatt nur Sequenzen zusammen zu schneiden; -).Mehr anzeigen


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