Filth and Wisdom Grossbritannien 2008 – 81min.

Filmkritik

Nicht alles wird beleuchtet

Stefan Gubser
Filmkritik: Stefan Gubser

Kleider machen Leute, aber nicht zwingend gute Filme: Madonna hat ihren Regie-Erstling Gogol Bordello-Sänger Eugene Hütz auf den Leib geschneidert.

Crazy, was diese Madonna alles kann. Über 50 ist sie längst und sieht noch immer aus, als wäre sie erst 48. Jahr für Jahr liefert sie ein neues Album ab, an dem regelmässig das Beste ist, dass man es nicht mehr gehört haben muss, und wenn sie wieder ein bisschen Farbe in ihr Leben bringen will, besorgt sie sich in Afrika ein kleines Schwarzes. Auch ihr jüngstes Baby hat sie praktisch ohne fremde Hilfe hingekriegt, hat das Drehbuch geschrieben, das Geld aufgetrieben und sich auf den Regiestuhl gesetzt. Als "Filth and Wisdom" auf der Berlinale 2008 welturaufgeführt wurde, war der Rummel riesig; noch grösser war die Häme der Kritiker, die den Film so einstimmig wie angewidert als Mist abtaten.

Dabei ist "Filth and Wisdom" gar nicht mal so unglaublich unansehnlich. «Klamotte» ist das Wort, das Madonnas Regie-Erstling ziemlich präzise beschreibt, der sich um ein paar Menschen in London dreht, bei denen der Karren gerade ordentlich im Dreck steckt. Eine Apothekerin (Francesca Kingdon) sammelt Geld für hungernde Kinder in Afrika, um nicht schauen zu müssen, wonach ihr selbst so dürstet. Ihrem Chef, dem Inder mit den sechs Kindern, ist die Ehefrau oft zu viel. Eine prima Ballerina (Holly Weston) muss strippen gehen. Ein Dichter (Richard E. Grant), der nicht mehr schreibt, seit er nichts mehr sieht, weint Tränen so gross wie Tischtennisbälle. Und der ukrainische Punk (Eugene Hütz) mit dem Schnurrbart verdient sein Geld als Offizier oder Hausfrau verkleidet mit mehr oder weniger sexy Rollenspielen.

Umziehen muss er sich überhaupt fast für jede Szene, und man versteht natürlich, warum Madonna auf den jungen Mann abfährt, aber nicht unbedingt, warum sie ihren Film nicht gleich «27 Dresses» nannte. Hütz macht eine gute Figur, auch wenn er den Mund aufmacht und in seinem Englisch mit dem schweren russischem Akzent ukrainische Lebensweisheiten aus dem Ärmel schüttelt, die schon in «Everything is Illuminated» zum Schreien komisch waren. Und wo wir gerade beim Tönen sind: «Filth and Wisdom» ist natürlich ein Film zum Soundtrack und wird schuld sein, dass die Anzahl illegaler Gogol Bordello-Downloads demnächst ein wenig ansteigen wird. Wenn die Musik spielt, kann Madonna sogar selbstironisch sein. In einer Szene nimmt der DJ (Ade) in einem Nachtclub Madonna vom Plattenteller und tischt dem gähnenden Publikum Britney Spears auf. Und siehe, es kommt plötzlich Stimmung auf.

07.12.2008

3

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