Abgedreht USA 2008 – 101min.

Filmkritik

Requiem für VHS

Benedikt Eppenberger
Filmkritik: Benedikt Eppenberger

Allerliebst: Um die Stammkundschaft einer alten VHS-Videothek zu erhalten, drehen Jack Black und Mos Def mit einer monströsen Steinzeitkamera Remakes von alten Kinohits. Damit machen sie nicht nur ihren Kunden Freude, die Besucher von «Be Kind Rewind» verlassen den Kinosaal ebenfalls beschwingt.

Man möchte es nicht glauben, aber es gibt sie tatsächlich: VHS-Nostalgiker. Leute also, die dem alten Videosystem nachtrauern. Heute findet man die schwarzen Plastikboxen allenfalls noch in italienischen Überseekolonien und in ... Passaic, New Jersey, USA. Hier widersteht Videoverleiher Mr. Fletcher (Danny Glover) den Zumutungen der Moderne und weigert sich beharrlich, auf die DVD umzusteigen. Seine Klitsche mit Namen «Be Kind Rewind» führt noch immer die uncoolen VHS-Kassetten, doch seine wenigen Kunden scheint das nicht zu stören. Aber Ungemach droht. Das örtliche Bauamt will den VHS-Friedhof schleifen und Wohnungen für Besserverdienende hinstellen. Um dies zu verhindern, muss Mr. Fletcher handeln, heisst: Geld verdienen und so die Bude in letzter Sekunde aus den Klauen geldgieriger Spekulanten retten.

Jerry (Jack Black) und Mike (Mos Def) werden das Ihre dazu beitragen. Allerdings wissen sie vorläufig noch nichts von ihrer Mission. Mike, Mr. Fletchers einziger Angestellter, kriegt die Order, auf den Laden aufzupassen, während er an einen Gedenkanlass für einen toten Bluesmusiker fährt. Mr. Fletcher untersagt es Mike streng, seinen Freund, den schwer durchgeknallten und elektroparanoiden Schrotthändler Jerry, in den Laden reinzulassen, denn dessen Anwesenheit wirkt auf die Kundschaft eher abschreckend als ansteckend. Natürlich taucht Jerry trotzdem auf, und er kommt nicht allein. Mitbringen tut er eine fette Ladung elektromagnetischer Strahlung, die den korpulenten Handwerker seit einem versuchten Sabotageakt auf das örtliche Elektrizitätswerk begleitet. Seine verseuchte Aura führt zum GAU, denn die Wirkung elektromagnetischer Strahlung auf Magnetbänder ist verheerend. Ausser Schnee kriegen die Kunden auf ihren VHS-Kassetten fortan nichts mehr zu sehen.

Was Regisseur/Autor Michel Gondry («Science of Sleep») aus diesem Vorlauf entwickelt, ist echt süss. Die beiden Freunde machen sich nämlich daran, die gelöschten Kassetten für die Kundschaft wieder zu bespielen. Mit nota bene eigenen Fassungen von angejahrten Blockbustern. Am Abend wird die Bestellung aufgenommen: «Ich hätte gerne bitte einmal 'Ghostbusters'», sagt Mia Farrow in der Rolle der etwas verwirrten Kundin Miss Falewicz. Tags darauf wird gefilmt, dann ausgeliefert. Natürlich besteht der ganze Spass darin, WIE ungelenk die beiden Jungfilmer ihre Fassungen von grossen Kisten gestalten. Drehort ist der Schrottplatz. Jack Black als «Robocop» bekommt einen alten Töffhelm auf den Kopf und wackelt dann mit einem Waschbrett vor dem Bauch durch die Gegend. Sehr komisch. Die Dialoge zitiert man aus dem Kopf und das führt, zusammen mit dem trashigen Produktionsdesign dazu, dass ganz neue Filme entstehen. Die gefallen den Kunden so sehr, dass Jerry und Mike mit ihrer Quatschfilmerei abheben können.

Wäre das bloss ein weiterer Jack Black-Film, man würde gemütlich zurücklehnen, eine Bierdose öffnen und sich über die feinen Darbietungen der beiden gutgelaunten Hauptdarsteller freuen. «Be Kind Rewind» aber ist ein Michel Gondry-Film und gründet deshalb tiefer. Er soll nämlich auch sozial relevante Komödie sein. So erheben sich die Verdammten der Erde und siegen - vorläufig - gegen jene, die ihnen den Müll als perfekt gemachte Unterhaltung tagtäglich ins Stammhirn pressen. «Dagegenhalten» lautet die revolutionäre Botschaft. Den Film-Müll lieber selber drehen, denn je unbeholfener diese Trashgranaten ausfallen desto fantasiestimulierender ist das für den Zuschauer. Der nämlich soll nicht länger einfach passiver Konsument sein, sondern beherzt ins Spiel mit Zeichen, Zitaten und Zumutungen eingreifen. Venceremos!

05.06.2013

4

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Kommentare

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Janissli

vor 6 Jahren

Fand ich total toll, viel gelacht und geschmunzelt. Gute Unterhaltung mit viel Bezug zur Filmgeschichte der letzten 50 Jahre.


Gelöschter Nutzer

vor 13 Jahren

Super lustiger Film.


starina

vor 15 Jahren

Dieser film hat einige lustige elemente und jack black ist wie immer gut. Oder leider fehlt das gewisse etwas. Trotzendem lohnt es sich zu schauen.


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