Operation: Kingdom Deutschland, USA 2007 – 110min.

Filmkritik

Darf man das?

Filmkritik: Wisi Greter

Regisseur Peter Berg und Jamie Foxx marschieren in Nahost ein und lassen einen Action-Film loskrachen. Das hat seit dem 11. September noch niemand gewagt.

Auf ein abgeriegeltes Wohnquartier für Ausländer im saudi-arabischen Riad wird ein ganz fieses Attentat verübt - 100 Menschen kommen ums Leben. Die lokale Polizei tut das, was man in diesem Fall und im Krieg gegen Terror halt so tut: ein paar Leute foltern und gucken, was sich daraus ergibt. FBI-Agent Ronald Fleury (Jamie Foxx), der bei diesem Anschlag einen Freund verlor, ahnt, dass dies wohl kaum zum Ergreifen der Täter oder gar Hintermänner führt. Mit viel Nachdruck erreicht er bei amerikanischen und saudi-arabischen Behörden, dass er und ein kleines Team (Jennifer Garner, Jason Bateman sowie ein unterforderter Chris Cooper) nach Riad fliegen dürfen und sich dort selber auf die Jagd nach den Mördern machen können. Allerdings: Sie dürfen nur fünf Tage im Land bleiben.

Den weit schwierigeren Job haben aber die Filmemacher gefasst. Zwar mag sich heute niemand daran erinnern, behauptet zu haben, nach dem 11. September könne Hollywood keine Action-Filme mehr drehen. Der Anschlag aufs World Trade Center, der Krieg gegen den Terror und der Einmarsch in den Irak mögen eine ganze Lawine von Filmproduktionen losgetreten haben - doch das sind allesamt sich weise und differenziert gebende Filme. "The Kingdom" ist nun aber die erste Hollywood-Produktion, die diese Ereignisse als Kulisse für einen Action-Thriller benutzt. Wenn da die Kugeln fliegen, fragt sich nicht nur der alteuropäische Bush-Hasser: Darf man das?

Aber selbstverständlich! Serienkiller, Menschenfresser und meuchelnde Geheimagenten liefen in den Kinos schon immer unter "Unterhaltung", und je realistischer da das Grauen gezeigt wird, desto lauter pflegt das Publikum zu jubeln. Eine Filmleiche ist eine Filmleiche, und zynisch ist nur, wenn künstlerische No-Go-Areas errichtet werden, in denen Popcorn-Essen verboten ist. Zumal sich das Drehbuch und Regisseur Peter Berg alle Mühe geben: "The Kingdom" ist ein fast beängstigend ausbalancierter Film. Das beginnt schon beim rasanten Vorspann, in dem die wechselhafte Geschichte des Königreichs Saudi-Arabien (daher der Titel) YouTube-kompatibel erzählt wird. Später lernen wir: Die Araber sind keine Ungeheuer, die Amerikaner nicht einfach nur die hyperaktiven Hauruck-Aktivisten, böse sind bloss Bürokraten (hüben wie drüben), den Respekt zwischen den Kulturen kann man lernen. Binsenwahrheiten natürlich, doch die vermittelt der Film ganz ohne Zuckerguss und Sozialkitsch. Und weil das Reizwort "Irak" fast nie fällt, gelingt dem Film das schier Unmögliche: Egal, ob man der aktuellen US-Regierung zujubelt oder ob man das Palästinenser-Tuch nicht nur als Modeaccessoire benutzt: Über weite Strecken hinweg wird man prima unterhalten, ohne dass man «Das geht doch nicht!» schreien muss.

Gegen Ende dreht "The Kingdom" dann aber so richtig auf. Ein weiteres Attentat, eine Entführung und eine Strassenschlacht folgen Schlag auf Schlag. Innert Sekunden wird der Polit-Thriller zu einem Actionfilm, den man von der Intensität her mit "Heat" vergleichen darf (Michael Mann amtet hier vielleicht nicht zufällig als Co-Produzent). Für eine Viertelstunde, vielleicht zwanzig Minuten lang hat man das Gefühl, ein Trio allein führt den ganzen Krieg gegen den Terror. Diese überlange, überlaute Sequenz tut dem Film selber zwar gut, nicht unbedingt aber seinen Figuren und seiner Aussage; in diesem Stahlgewitter endet manches, was Berg vorher sorgfältig aufgebaut hat, als Kollateralschaden.

Der Schluss aber, so viel sei verraten, ist für einen amerikanischen Unterhaltungsfilm eher untypisch. Das Happy End, das uns Hollywood sonst so nur bei Fortsetzungsfilmen verweigert, fehlt. Natürlich auch, weil in Nahost kein Ende absehbar ist und schon gar kein gutes. Aber hier zeigt sich einmal mehr eine Differenziertheit, die man sonst im Mainstream-Kino vermisst und die «The Kingdom» für Freunde dieses Genres zu einem sehenswerten Film macht.

08.11.2011

4

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Kommentare

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movie world filip

vor 12 Jahren

okay film... extra's sind auch interessant aud dvd


Gelöschter Nutzer

vor 14 Jahren

Die ersten 90 Prozent unterscheiden sich kaum von den üblichen muslimischen Terroristenverfolgungen aus den USA. Am Anfang und am Ende unterhält uns eine heftige Explosion, die dann noch durch eine wilde Ballerei mit vielen Toten getoppt wird. Erste Probleme zwischen den Special Agents aus den USA und den Saudis vor Ort lassen aufhorchen. Aber dann kommt ein langsamer von lyrischen, sedativen Gitarrenriffs untermalter Epilog, der nachdenklich stimmt, die Akteure noch mal in Zeitlupe vorbeimarschieren lässt - und man merkt, dass ihnen das Geschehen nochmals durch den Kopf geht. Anhand von wenigen Sätzen wird der Sinn/Unsinn der asymmetrischen Kriegführung verdeutlicht und auf deren Endlosigkeit verwiesen. Und da dies im Gegensatz zum bisher Gesehenen steht, wirkt es nach. Hier heiligt mal der Zweck die Mittel.Mehr anzeigen


drchill

vor 16 Jahren

ob dieser film unterschwellig vermitteln soll das die amis die guten sind und die saudis die bösen soll jeder selber wissen.

die wahrheit entsteht beim empfänger | trink cola, esst popcorn | überweißt mir euer geld

^das da oben war meine geheime botschaft *grins*

naja auf jeden fall, ist der film spannend hat einen nicht all zu erwartenden schluss und es macht spass zu sehen wie sich die menschen der unterschiedlichen kulturen anfreunden und anschließend wie ein eingespietes team alles kurz und klein schießen

==> sehenswertMehr anzeigen


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