Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford USA 2007 – 160min.

Filmkritik

Ballade von den traurigen Banditen

Benedikt Eppenberger
Filmkritik: Benedikt Eppenberger

In «Die Ermordung Jesse James durch den Feigling Robert Ford» spielt Brad Pitt den berühmten amerikanischen Outlaw als paranoiden Melancholiker. Casey Affleck als Robert Ford dreht ebenfalls oscarreif durch, und gemeinsam sorgen sie für ein faszinierendes Kammerspiel vor grandioser Naturkulisse.

1881 zählt Jesse James (Brad Pitt) 34 Jahre und gilt als Amerikas berühmtester Outlaw. Doch die Tage, als er zusammen mit Bruder Frank (Sam Shepard) die Nation in Atem hielt, sind vorüber, die legendäre Bande in alle Winde verstreut. Wenn die Brüder jetzt einen Zugüberfall planen, können sie nur mehr auf einfältige Hinterwäldler zurückgreifen, unter ihnen Jesses Kumpan Charley Ford (Sam Rockwell) und dessen Bruder Robert (Casey Affleck), der Jesse James seit Kindstagen vergöttert.

Jesse fühlt sich vom Bewunderer angezogen und lässt ihn, gegen den Widerstand von Bruder Frank, in ihren Reihen mitreiten. Der Überfall gelingt, die Beute aber ist mager. Umso heftiger fällt die Reaktion der Behörden aus. Die Jagd auf die James-Bande wird intensiviert. Jesse hetzt zusammen mit Frau Zee (Marie-Louise Parker) und den Kindern von Ort zu Ort. Nirgends fühlt er sich sicher, und seit die Belohnung auf seinen Kopf massiv erhöht wurde, traut er selbst seinen engsten Gefährten nicht mehr über den Weg.

Jesses Verfolgungswahn bleibt Robert Ford nicht verborgen. Ein falscher Blick, eine unsichere Geste, eine ausweichende Antwort genügen dem Outlaw, um auch Mitstreiter hinterrücks zu erschiessen. Jesse James wird zum Getriebenen, der seine Lebensmüdigkeit nur schlecht verbergen kann. Vor Robert Fords Augen zerfällt der Mythos vom coolen Desperado und allmählich reift in seinem Kopf die Idee, als Jesse James-Bezwinger selbst zum gefeierten Helden zu werden.

Wie in jedem richtigen Western sprechen auch in «The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford» schon mal die Pistolen, doch das sind wenige Knalleffekte in einem sonst seltsam ruhigen Film. Spannung zieht dieser Western primär aus der krankhaften Beziehung zwischen Jesse James und seinem späteren Mörder. Zwar spricht der Titel vom Feigling Robert Ford - am Ende aber wissen wir, dass die Dinge so klar nicht sind. War Jesse James nicht selber ein feiger Kerl? Warum vergötterte das Publikum den skrupellosen Killer wie einen Popstar während es Jesses Mörder gnadenlos zum Buhmann machte?

Konsequent hat der Neuseeländer Andrew Dominik «The Assassination» als Kammerspiel inszeniert. In eine grandiose Landschaft gestellt schrumpfen die menschlichen Konflikte alsbald auf Fliegendreckgrösse und vor diesem gewaltigen Horizont träumt der kleine Robert Ford davon, als Bezwinger seines Idols aus dessen Schatten zu treten und sich so dem Verschwinden entgegenzustemmen. Vergessen wurde er nicht. In Erinnerung geblieben ist er aber und das ist die Pointe dieses nihilistischen Films nicht als Held, sondern als feiger Mörder. Von der Vergeblichkeit, sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, kündet in diesem schwermütigen Film ausgerechnet Hollywoods Coverboy Brad Pitt. Er tut dies überaus würdevoll, und gemeinsam mit dem gleichfalls überzeugenden Casey Affleck gelingt ein bedrückend schöner Abgesang auf das Mantra all jener, die uns tagtäglich eintrichtern, dass man alles erreichen kann, wenn man nur will.

12.11.2007

5

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Kommentare

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movie world filip

vor 12 Jahren

langsame starke film... mit gute brad pitt und casey affleck


sniper8

vor 16 Jahren

für manche mag der film etwas einschläfernd sein. auch nach dem tausendsten mal trailer-schauen wusste ich nicht recht, was mich erwarten sollte, wenn ich mir den film mal reinziehe. aber ich musste es wissen.
zuerst fällt im film auf, mit wie grosser liebe zum detail, melancholie und drückender stimmung der film aufgebaut wird. traurigschöne musik begleiten den erzähldialog eines banditen.
brad pitt macht dem part als jesse james alle ehre. ein kranker, unberechenbarer bandit, den mehr und mehr den mut verlässt zu leben. ich denke, er geriet neben casey affleck, welcher bob ford spielte, fast ein bisschen in vergessenheit. aber seine leistung ist beachtenswert, auch wenn sie nicht immer an vorderster stelle mitmischt.
doch zurück zu casey affleck: in ihm sieht man von anfang an den geisteskranken sympathisant und auch wenn er sich normal verhält, ist er doch so unnahbar, man hält als zuschauer sofort abstand zu ihm. aber affleck spielt seine rolle hervoragend gekonnt und liefert sich mit brad pitt ein atemberaubendes kammerspiel.
"the assassination of jesse james by the coward robert ford" ist sehr dialogstark, melancholisch und für die meisten wohl unspannend. es ist auch kein typischer western mit viel pengpeng und so. schlicht faszinierend und interessant, auch hinter die kulissen eines ruhelosen outlaw zu sehen, der keineswegs ein held war, wie er glorifiziert wurde.
exzellente naturaufnahmen, tolle kameraführung und vorallem die phantastische musik begleiten den film und die starken dialoge der schauspieler, die eine geniale performance hinlegen.
nach dem höhepunkt im film, wirkte die letzte halbe stunde ein bisschen aufgesetzt und erhält kaum noch beachtung, trotzdem kann man es durchstehen.
nicht jedermanns sache, aber der film hinterlässt ein bedrücktes, nachdenkliches echo für den zuschauer und regt zum nachdenken an.
vielleicht sollte man noch ein film über billy the kid drehen, so das pitt und affleck die rollen tauschen könnten und pitt den feigling pat garrett den billy the kid erschossen hat darstellen, damit er noch ein bisschen besser zur geltung kommt (the assassination of billy the kid by the coward pat garrett). aber es ist keinesfalls nötig, natürlich.
ein starker, wenn auch ruhiger film!Mehr anzeigen


jugulator

vor 16 Jahren

Gut gemacht, aber das ist mit Abstand der langweiligste Film den ich in den letzten 5 Jahren gesehen habe.


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