Pure Coolness - Boz Salkyn Kirgisistan 2007 – 99min.

Filmkritik

Glück in der Zwangsheirat

Flavia Giorgetta
Filmkritik: Flavia Giorgetta

Der Brauch der Brautenführungen lebt immer noch in Kirgistan. Brutal und frauenfeindlich, bietet er in «Pure Coolness» den Hintergrund zu einer erfrischenden, ja zärtlichen Komödie in einer Landschaft, die den Zuschauern den Atem raubt.

Die junge Asema langweilt sich in ihrem Job als Büroangestellte und entscheidet, ihrem Freund aus der kirgisischen Hauptstadt Bischkek aufs Land zu folgen. Sie nimmt ihre Eltern nicht ernst, als diese sie vor den dort üblichen barbarischen Traditionen warnen. Im Heimatdorf ihres Freundes sieht sie sich tatsächlich mit mittelalterlichem Brauchtum konfrontiert: Zwecks Heirat mit einem ihr Unbekannten wird sie von einer Bande entführt.

Mit dem Mann hat die Braut wider Willen Glück. Der einfühlsame Hirte Sagyn verschont sie in der Hochzeitsnacht; er lässt eigenes Blut auf das weisse Laken fliessen. Ihr Freund vergnügt sich derweil mit einer anderen und macht keine Anstalten, Asema zu retten. Kein Grund also, ihm nachzutrauern, zumal Sagyn der eigensinnigen Frau genügend Raum lässt. Asema zieht in eine Jurta auf der Hochebene und hütet Schafe. Hier findet die Zwangsverheiratete paradoxerweise ihre Freiheit.

Männer rauben in Kirgistan immer noch Bräute, auch wenn es das Gesetz verbietet. Angeblich sind auf dem Land 80 Prozent der Frauen Opfer des Brautraubs. Doch dem Regisseur Ernest Abdyjaparov geht es weniger darum, die Tradition anzuprangern, als vor ihrem Hintergrund behutsam eine Liebesgeschichte zu erzählen und das Publikum zum Lachen zu bringen. So wenn Sagyns Clan - reichlich spät - in der Stadt den Segen von Asemas Eltern holt, mit einer Ziege im Schlepptau.

In seinen besten Momenten erinnert «Pure Coolness» an Emir Kusturicas surreale Filme: Die Folklore ist überzeichnet; absurde Momente lockern die eigentlich ernste Thematik auf. Asema ist eine starke Frau; sie beugt sich nicht ihren Entführern. Sie ist auch offen genug, Gefühle zuzulassen: Wut, Heimweh und schliesslich Zuneigung. Überwältigend die Landschaft in ihrer menschenleeren Weite: In ihr erblüht die Städterin Asema, in sie verliebt sie sich, dank ihr findet sie Zugang zu Sagyn.



17.02.2024

4

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Kommentare

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Klaus1108

vor 16 Jahren

Ein stimmungsvoller Film mit tollen Landschaftsbildern und einer sehr sympathischen Hauptdarstellerin.


baeggi

vor 16 Jahren

witziger streifen zwischen moderne und traditionellem hirtenleben. wunderbare landschaftsbilder, originelle schauspieler


ramsay

vor 16 Jahren

Fantastische Geschichte. Simple Umsetzung. Überzeugender Slapstick!
Da werden Erinnerungen an die grosse Stummfilmzeit geweckt.
Absolut sehenswert!


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