Die zweigeteilte Frau Frankreich, Deutschland 2007 – 115min.

Filmkritik

Zwischen den Fronten

Beatrice Minger
Filmkritik: Beatrice Minger

In "La fille coupée en deux" gerät eine blonde Wetterfee zwischen die Fronten zweier narzisstischer, selbstverliebter Männer. Hinter der verhängnisvollen Liebesgeschichte verbirgt sich Claude Chabrols mittlerweile bekanntes Spiel mit dem Blick hinter die sorgfältig aufrechterhaltenen Kulissen der Bourgeoisie.

Der erfolgreiche Buchautor Charles Saint-Denis (François Berléands) lebt mit seiner Frau auf dem Land. Er zieht das abgeschiedene Leben dem Medienrummel vor, der in der Stadt um seine Person gemacht wird - wie er den Leuten gerne erzählt. Doch seine Landidylle entpuppt sich als Bestandteil seines Doppellebens. Denn kaum ist er in der Stadt, gönnt er sich gern etwas jugendliche sexuelle Ablenkung oder vergnügt sich in einem privaten Männerklub, der im oberen Stock ein exklusives Separée bereithält.

Auf dieses Sinnbild der Doppelmoral lässt Claude Chabrol nun die junge engelhafte Gabrielle Deneige (Ludivine Sagnier) prallen. Der attraktiven Blonden stehen als Wetterfee beim lokalen Fernsehsender alle Türen offen. Und mit dem millionenschweren Industrie-Erben Paul Gaudens (Benoît Magimel) als glühendem Verehrer winkt ihr gar ein Leben in finanzieller Unbeschwertheit. Doch sie lässt sich nicht von Geld verführen, sondern folgt ihrem Herzen. Auf einer Buchvernissage lernt sie Charles kennen und erliegt sogleich dem Charme des ergrauten Verführers. So beginnt eine Liebe, die sie in den Abgrund führt, denn Charles' sexuelle Praxis kennt keine Grenzen der Integrität. Gabrielle verfängt sich in körperlicher und seelischer Abhängigkeit, aus welcher sie auch der kindlich neurotische Paul nicht retten kann.

In "La fille coupée en deux" arbeitet sich der Altmeister der französischen Nouvelle Vague einmal mehr an der Beschaffenheit und moralischen Konstitution der Bourgeoisie ab. Diesmal knöpft er sich neben der bekannten Grösse des Bürgertums auch die Maschinerie der Medien vor und lässt quasi zwei Scheinwelten aufeinanderprallen. Dabei scheint Chabrol, der bekannt ist für seine ambivalenten Erzählungen und mehrschichtigen Figuren mit zunehmendem Alter die künstlerische Distanz etwas zu vernachlässigen. Denn Chabrols Spiel etwa mit den Namen der Figuren und seine mehrfach symbolischen Konnotationen und Andeutungen strapazieren oft die Grenzen der Deutlichkeit.

Die Anlage der Figuren wird zudem durch den Cast potenziert: Ludivine Sagnier war in ihren Filmen ebenso als unschuldiges Mädchen ("Huit femmes") als auch als Sinnbild weiblicher Reize ("Swimming Pool") zu sehen und François Berléands Rolle als Schürzenjäger ist dies- und jenseits der Fiktion ein offenes Geheimnis. Doch dienen Chabrol diese Überzeichnungen zur Zelebrierung der bitterbösen Szenen derber Gesellschafts-Possen, die ständig zwischen Komik und Tragik schwanken. Dass dabei eine moralische Tendenz Chabrols immer deutlicher hervortritt, darf man dem alten Hasen nicht übel nehmen. "La fille coupée en deux" ist Chabrols 69. Film!

13.05.2008

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