Tödliche Entscheidung Grossbritannien, USA 2007 – 117min.

Filmkritik

Brothers in Crime

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

«Altmeister» ist ein Wort, das man so schnell dahinsagt, aber im Falle von Sidney Lumet ist es wahrlich angebracht. Denn erstens ist der Regisseur mit mittlerweile 83 Jahren tatsächlich nicht mehr der Jüngste, und zweitens dürfte seine Meisterlichkeit im Inszenieren nach Meisterwerken wie «12 Angry Men», «Dog Day Afternoon» oder «Network» längst unbestritten sein.

Zuletzt war bei Debakeln wie seinem «Gloria»-Remake mit Sharon Stone oder der lahmen Prozessposse «Find Me Guilty» mit Vin Diesel nicht immer viel von Lumets Regie-Fähigkeiten zu sehen, doch umso erfreulicher ist es, nun berichten zu können, dass er mit «Before the Devil Knows You're Dead» mehr als eindrucksvoll zu alter Stärke zurückgefunden hat.

Dem über Jahrzehnte beackerten Thriller-Genre bleibt er auch dieses Mal treu. Das Drehbuch von Kelly Masterson erzählt die Geschichte zweier Brüder. Andy (Philip Seymour Hoffman), der ältere, ist ein unehrlicher und drogensüchtiger Geschäftsmann, dem eine Steuerprüfung das Genick zu brechen droht. Hank (Ethan Hawke), der jüngere, ist ein hoch verschuldeter Versager, der nicht einmal mehr den Unterhalt für sein Kind bezahlen kann.

Ein Raubüberfall auf das Juweliergeschäft der eigenen Eltern soll Abhilfe schaffen, doch der von Andy ausgetüfftelte Plan geht gewaltig schief. Denn nicht nur steht statt der Aushilfe überraschend die Mutter (Rosemary Harris) der beiden hinter der Kasse, sondern es löst sich auch ungeplant ein Schuss aus der Pistole. Zur Ruhe kommen können die Brüder aber auch in der Trauer um ihre Mutter nicht, denn vor dem misstrauischen Vater (Albert Finney) müssen die Spuren verwischt werden. Und dass Andys unzufriedene Ehefrau (Marisa Tomei) ausgerechnet mit Hank eine Affäre hat, macht die Situation nicht unkomplizierter.

Raffiniert verschachtelt und aus verschiedenen Perspektiven erzählt entfaltet sich die Story und ist dabei teilweise so clever konstruiert, dass man anfangs fürchtet, hier habe jemand den Aufbau einer Geschichte wichtiger genommen als deren Inhalt. Doch solche Sorgen erweisen sich schnell als unbegründet, denn «Before the Devil Knows You're Dead» ist tatsächlich ein ausgesprochen spannender Film mit angenehm klugen Dialogen.

Lumet inszeniert ihn leichtfüßig, elegant und weitaus effektiver als seine letzten Werke, unterstützt von überzeugenden Leistungen der Kamera- und Schnitt-Departments. Nicht zuletzt die Schauspieler sind es allerdings, die den Film zu einem echten Erfolg werden lassen. Ethan Hawke war selten besser als hier und Philip Seymour Hoffman, der mit «Charlie Wilson's War» und «The Savages» ohnehin gerade einen wahren Lauf hat, beweist einmal mehr, dass es derzeit in Hollywood wenige versiertere Darsteller gibt als ihn.

12.04.2010

4

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Kommentare

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Barbarum

vor 11 Jahren

Die ständigen Wiederholungen von Dingen, die man schon weiss, oder zumindest erahnen kann, sind auf die Dauer doch ermüdend.


Gelöschter Nutzer

vor 13 Jahren

Solche echten menschlichen Dramen kann wohl nur ein Altmeister wie Sidney Lumet noch gestalten und mit der Art und Weise, wie er sie erzählt, überzeugen. Es entsteht ein komplexes Geflecht von fatalen Beziehungen innerhalb einer Familie. Auch die Variante des Überfalls auf einen Juwelier ist neu. Mit den beiden Söhnen (Philip Seymour-Hoffman und Ethan Hawke) geht es gnadenlos abwärts, Tiefschlag folgt auf Tiefschlag und die Schlinge zieht sich immer enger zu. Selten sieht man so eine schauspielerische Höchstleistung, besonders was ihr Verhältnis zu ihrem Vater angeht. Szenen erinnern an Arthur Millers ’Handlungsreisenden’. Aber auch untereinander brodeln jede Menge Probleme, die sie aber auch aneinander binden. Das ganze Ausmaß des menschlichen Dramas spiegelt sich im Gesicht des großartigen Albert Finney wieder, der als Racheengel das Unglaubliche ausführt. Ein Thriller, der den Tiefgang einer griechischen Tragödie hat.Mehr anzeigen


Gelöschter Nutzer

vor 15 Jahren

Der Film ist nie langweilig. Man ist von der ersten Sekunde an voll im Film. Schauspielerisch gibt es auch nicht auszusetzen. (ist ja klar)


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