Wer früher stirbt, ist länger tot Deutschland 2006 – 104min.

Filmkritik

Charme statt Witz, Provinz statt Brillanz

Filmkritik: Eduard Ulrich

Wenn in den ersten Minuten eines Films pro Minute unzensiert jeweils ein neues deftiges Schimpfwort fällt, muss es sich um einen Mundartfilm aus der bayerischen Provinz handeln, der beweisen will, dass das komödiantische Naturtalent Stoiber ("Transrapid") mit Konkurrenz rechnen muss. Zu recht.

Marcus Rosenmüller wählte für seinen ersten Spielfilm ein Terrain, das ihm gut vertraut sein dürfte, stammt er doch selber aus Tegernsee: ein oberbayerisches Dorf, dessen Lage und Personage unumwunden als idyllisch bezeichnet werden darf. Dass sich im wirklichen Tegernsee allerlei fragwürdige Bonzen niedergelassen haben, soll hier nicht weiter stören, denn der Filmort bietet den Vorteil, dass es dort noch medial unverdorbene und ehrfürchtige Jugendliche gibt.

Die sind sowohl gutgläubig genug, um jeden Schmarrn für bare Münze zu halten, den Erwachsene im Hinblick auf die ohnehin unter Rechtfertigungszwang stehenden Dinge des Glaubens so hin und wieder absondern, als auch voller Fantasie und Enthusiasmus, wenn es darum geht, ihre Ziele zu verwirklichen und die Zeichen der Umwelt entsprechend zu deuten. Und bevor man sich versieht, steckt man in der wahrhaft existentiellen Geschichte des angeblich 11jährigen Sebastians, der sich nach einigen kleineren Unfällen nun plötzlich auch für den Tod seiner Mutter verantwortlich fühlt, die bei seiner Geburt starb. Sein Vater hat nicht wieder geheiratet und wurstelt als Wirt der Dorfbeiz frauenlos und mit der Erziehung seiner beiden Söhne überfordert vor sich hin. Also beschließt Sebastian, den Schaden zu verringern, indem er für seinen Vater eine Frau sucht und sicherheitshalber unsterblich werden will, weil ihn das vor dem Jüngsten Gericht bewahrt.

Die Konstruktion der Komödie mutet uns noch so manch unglaubliche Ingredienz zu, was aber nicht weiter stören sollte, da einige Szenen die Grenze zwischen Realität und Fantasie bereits verwischen oder klar jenseits liegen, womit wir bei der Krux sind: Wie bei einigen anderen Debut-Kinofilmen junger, talentierter Regisseure kann man auch hier feststellen, dass Anlage und Bildsprache überladen sind und ein problematisches Stilgemisch bilden, bei dem Elemente des Hollywood- mit solchen des Heimatfilms plump kombiniert werden.

Das ist schade, denn es gibt mindestens eine wunderbare Szene, viele gute Einfälle und eine rundum sympathische Besetzung, der man den Erfolg gönnt. So liegen die Stärken des Films weniger in den von langer Hand vorbereiteten Pointen und der überraschungsarmen Handlung als vielmehr im manchmal auch ruppigen Charme der Darstellerinnen und im Handgestrickten: Provinz statt Brillanz.

07.06.2021

3

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Kommentare

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dada27ox

vor 12 Jahren

grossartiger film. super Ideen, toll story, sehr gute Schauspielerinnen und auch ein wunderbarer (tom waits-auf-bayrisch) soundtrack.


kriesi

vor 16 Jahren

Also i muss echt saga des is einer der lustigsten Filme die i je gsehn hab. Sicher find ma den n lustiger wenn ma wie i jeden Ort der im Film vorkimmt scho kennt weil ma dort wohnt und selbst in der Wirtschaft des Wirts scho öfter gsessn hat^^.
Aber ich denk hier hatt jeder seine gaudi und für nicht Deutsche (nicht Bayern) ist der dialekt ja warscheinlich auch schon ein grund da hinein zu gehen
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irenekarin

vor 17 Jahren

Ein sehr schöner Film mit viel Fantasie mit viel schwarzem Humor: -)
Habe mich köstlich amüsiert. Nur manchmal hatte ich Mühe mit Verstehen - uff, was für eine Sprache *grins*


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