Geheime Staatsaffären Frankreich, Deutschland 2006 – 110min.

Filmkritik

Piraña im Karpfenteich

Filmkritik: Eduard Ulrich

Die Tinte der Schuldsprüche des Bundesgerichts gegen zwei Schweizer Beteiligte ist kaum trocken, da kommt ein Film ins Programm, der ähnlich wie "Grounding" die Vorgänge um den grössten Wirtschaftsfilzprozess Frankreichs imaginiert. Isabelle Huppert gefällt im brisanten Machtkampf zwischen Geld und Gesetz von Altmeister Claude Chabrol. Beeindruckend.

Im Vorspann heisst es ironisch: "Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Firmen sind - wie es so schön heisst - rein zufällig". Dabei ist nichts weniger zufällig als gerade die Anspielung auf einen der grössten Korruptionsfälle, der die französische Öffentlichkeit erschütterte und zum Zusammenbruch des Konzerns Elf Aquitaine führte.

Der Film kann als freie Rekonstruktion verstanden werden und zugleich als Modell der Konzernvetternwirtschaft. Die Parallelen zu den Tatsachen werden dem Publikum geradezu aufs Auge gedrückt, wenn der Geschäftsführer schon in der ersten Szene immer wieder von Juckreiz geplagt wird, während der ehemalige Elf-Aquitaine-Chef, Loïk Le Floch, unter Schuppenflechte litt. Analog zur Realität muss auch der Filmkonzern unter anderem für die Scheidung, die Geliebte, die Zweit- und Drittwohnungen seiner Führungskräfte aufkommen. Konsequent war es, auch eine Untersuchungsrichterin mit dem vielsagenden Namen Jeanne Charmant-Killman (Isabelle Huppert) einzusetzen, wurde doch die Hauptarbeit im Elf-Aquitaine-Verfahren ebenfalls von einer Frau geleistet.

Diese Jeanne d'Arc der Rechtspflege nutzt ihren stilvollen Charme, um ihre Gegenspieler in Sicherheit zu wiegen, wodurch sie im optimalen Moment zuschnappen kann. Claude Chabrol konzentriert sich auf diese menschlichen, emotionalen und intellektuellen Aspekte der Vorgänge. Nie wird man mit komplizierten juristischen Vorgängen hingehalten, immer erlebt man, wie der oder die Einzelne im Räderwerk reagiert, nach Ausflüchten sucht oder in Selbstmitleid zerfliesst: Das Verhör als Minitheaterstück, alle Aktiven als Schauspieler.

In diesem Spiel mit Elementen des Agententhrillers dürfen konspirative Treffen ominöser Machtstrategen, die CIA und ein korrupter schwarzafrikanischer Politiker nicht fehlen, auch wenn das Risiko besteht, Cliché-Alarm auszulösen oder mit dem pädagogischen Zeigefinger zu langweilen, weil ein "Pate" dem Sohn eines verstorbenen Kollegen das Prinzip erklärt: Die Figuren wechseln, die Regeln bleiben gleich, Geld und Macht schlagen Gesetz und Politik. Der Anteil dieser frei erfundenen Szenen ist aber gering, im Wesentlichen wird aus der Sicht der Untersuchungsrichterin erzählt, die für den Justizerfolg über Leichen zu gehen bereit wäre - vielleicht sogar über die eigene. Überzeugend.

04.05.2021

4

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Kommentare

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Gelöschter Nutzer

vor 14 Jahren

Das ist bei weitem der bisher beste Film aus der 3Sat Reihe’ Madame la commissaire’ mit einer überaus präsenten Isabelle Huppert. Sie ist schlagfertig, würzt die Verhöre mit leiser Ironie und scheint die größte Korruptionsaffäre in Frankreich aufklären zu können. Aber weil der Regisseur Claude Chabrol heißt, kann das nicht so ohne weiteres ablaufen. Diametral entgegen den erfolgreichen Ermittlungen läuft ihre Ehe in die Krise. Und zum guten Schluss lässt der Altmeister keinen Zweifel daran, dass wenn eine Seilschaft hopp genommen wird, der ganze Sumpf noch längst nicht trocken gelegt ist. Auch wenn das Ganze etwas dialoglastig ist, so werden doch die Zusammenhänge auch dem Nicht-Insider klar. Und das gilt nicht nur in Frankreich. Bei uns gab es auch ’Schwarze Kassen’ und ’Bimbes’. Originaltitel lautet übrigens ’Trunken vor Macht’. Das kann man auf die ermittelnde Staatanwältin beziehen oder auf die Manager.Mehr anzeigen


anti01

vor 18 Jahren

Ich kann den Film gar nicht empfehlen. Habe selten einen derart langweiligen und langatmig-erzählten Film gesehen. Schlimmer als "Caché"! Alle paar Minuten hat ein lautes Gähnen den Kinosaal erfüllt.
Die Story kommt nur sehr schleppend voran und spätestens nach der Hälfte des Films wünscht man sich, dass es endlich aufhört. Der Film bietet 0 Spannung und die Hauptdarstellerin nervt tierisch.
Die 15 Franken waren zum Fenster rausgeworfenes Geld. Schade.Mehr anzeigen


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