Leroy Deutschland 2006 – 89min.

Filmkritik

Atompilz ohne Strahlkraft

Kyra Scheurer
Filmkritik: Kyra Scheurer

Der 17jährige Afrodeutsche Leroy hat zwar eine coole Frisur, ein gefährlicher Aufreißer ist er deshalb aber noch lange nicht: Er spielt Cello, hat ein Faible für Goethe und dank seiner ökologisch bewegten Familie nicht einmal ein Handy.

Sein bester Freund Dimi, ein hormongesteuerter Halbgrieche, hofft auf die "Mannwerdung" seines schüchternen Freundes durch die Liebe zur erfahrenen blonden Eva aus der Neunten. Doch Eva hat fünf Skin-Brüder, einen Vater, der für die Reps Politik macht und Kanarienvögel, die auf die Namen von Hitlers Generälen hören. Eva selbst ist aber nicht rechts und hofft entgegen aller Entwicklungen, dass ihre Familie sich gut mit ihrem neuen schwarzen Freund versteht. Das Label "politisch herrlich unkorrekt" trägt dieser Film ganz groß vor sich hin - richtig lustig aber ist er nicht.

Der Protagonist (Alain Morel) ist wenig aktiv, die Konflikte sind erstaunlich flach bei aller Brisanz, der Plot wirkt konstruiert und zurück bleibt vor allem das fade Gefühl, man könnte das alles besser im Fernsehen gucken.

Regisseur Armin Völckers, der aus der bildenden Kunst kommt und seinen Einstieg in die Filmbranche über das Verfassen von Drehbüchern suchte (ganze elf scheinen vor "Leroy" entstanden und nicht verfilmt zu sein), hat Gespür für Sprachwitz und Timing - allerdings eher auf dem Papier. Im Film werden die Pointen zu sehr ausgespielt und Gags überinszeniert. Vor allem aber werden die Emotionen vernachlässigt, nicht nur in Drehbuch und Inszenierung, sondern auch auf darstellerischer Ebene: Das Charisma des Hauptdarstellers Alain Morel war schon im vorbereitenden Kurzfilm "Leroy räumt auf" nicht allzu beeindruckend und trotz intensivem Schauspieltraining trägt die darstellerische Leistung keine 90 Minuten. Viel präsenter ist da Constantin von Jascheroff, der in der für ihn ungewohnt lebenslustigen und körperbetonten Rolle als Dimi den eigentlichen "Helden" mit jeder kleinen Geste absichtslos an die Wand spielt.

Richtig, der Kurzfilm: Hier haben die Blaxploitation-Anspielungen überrascht, der Wortwitz gezündet und über Schwächen im Spiel sah man in diesem Format großzügiger hinweg. Der Schnitt von "Leroy räumt auf" wurde sogar beim Kölner Montageforum Film+ 2005 geehrt und auch beim Langfilm liegt es nicht an Editor Marty Schenk, dass die Unbekümmertheit des Kurzfilms verloren gegangen ist. Tiefe erlangt Satire im Langfilmformat nur, wenn sie nah am Leben, den persiflierten Milieus und den eigenen Figuren bleibt - all das versucht dieser Film, es gelingt aber nur selten. Dafür bietet der vom Absoluten Beginner Denyo zusammengestellte Soundtrack einige eigens für diesen Anlass produzierte Perlen von Afrob, der auch als Blacula im Film mitspielt, von Curse, Blumentopf und Clueso sowie alte Songs von Seeed und Jan Delay.

Fazit: Der Regisseur hat recht, weiß muss ein deutscher Kinoheld wirklich nicht sein - blass allerdings kann man unabhängig von der Hautfarbe wirken, und auch der Humor ist bei diesem zahnlosen Ulk deutlich zu wenig schwarz.

14.11.2007

2

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Kommentare

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cineast2001

vor 16 Jahren

Wirklich "schwarzer Humor" aus Deutschland!

Ambitionierter, nett gemeinter "antirassistischer Aufklärungsfilm" für Kinder und Jugendliche die vorher in der heilen wohlbehüteten Welt von Disneyland aufgewachsen sind und noch nie eine "Glatze" gesehen haben.

Uns wird ein naives Bild einer "typischen Neonazi" Familie(die zufällig auch "Braune" heißt) gezeigt, mit "NPD"-Vater, drei kahl geschorenen und „ Hauptschul NN"- Söhnen, Haustieren die Wehrmachts- Kriegsverbrecher Namen tragen, einer hilflosen Mutter und Ihrer Tochter, die "normal" ist und zum Verdruss der Familie eine Beziehung mit einem multikulturellen "Afro- Deutschen" eingeht.

Während der "Afro- Deutschen" noch nach seiner Identität(witzig die Anspielungen auf die "Blackxploitation" Filme der 1970er Jahre und an die „ Black Panther“ Bewegung!) sucht und die "NN" Brüder des Mädchens ihn versuchen fertig zu machen, gipfelt diese "HUCHEE- MULTIKULTI- "Kum ba ja, my Lord"-We shall over come"-Ringelpietz mit Anfassen" auf Grips-Theater Niveau" Farce in ein nichtsagendes Happyend.

Ich fand diesen Film verharmlosend, schlimm und dilettantisch grausam.

Dieser "Film" war eigentlich ein 30 Minuten langer Kurzfilm, der letztes Jahr auf einem großen Filmfestival von irgendeiner Jury(man bekommt nicht mehr heraus wer es war! Spricht man die Leute darauf an verhalten die sich wie Petrus nach der Gefangennahme von Jesus! Keiner will es gewesen sein!!) eine "Auszeichnung" hinterher geworfen bekam.
Nun fühlten sich die "Filmemacher" dadurch motiviert das zu einen 89 Minuten langen Film auf zu blasen!

Das Problem ist nur, dieser Film passt nicht ins Kino und in die heutige Zeit!
Wer Kindern mit solch "verharmlosenden" Stereotypen kommt wird im schlimmsten Fall das Gegenteil erreichen.
Vor 20 Jahren auf der Bühne des Berliner "Gripps- Jugendtheaters" und nach „ Die Sendung mit der Maus“ oder „ Rappelkiste“ wäre er richtig gewesen. Heutzutage ist so etwas nichtssagend und gefährlich!

Aufklärung vor "Neon Nazis" darf heute nicht mehr so naiv und verharmlosend gezeigt werden!!

Etwaige Rechtschreib- und Grammatikfehler in diesem Text sind gewollt und wurden hier mit Absicht versteckt. Wer sie findet, darf sie behalten oder auf eBay versteigern. Best viewed with open eyes and a human brain ver. 2. 0 or above.Mehr anzeigen


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