Casino Royale Tschechische Republik, Deutschland, Grossbritannien, USA 2006 – 145min.

Filmkritik

Fertig lustig

Filmkritik: Jürg Tschirren

Sein "Bond, James Bond" hört man erst am Schluss des Filmes. Davor beweist Daniel Craig drei Stunden lang, dass ihm die Rolle des britischen Superagenten passt wie ein massgeschneiderter Herrenanzug.

"God, I miss the Cold War" seufzt Judi Dench als Geheimdienstchefin M in einer der ersten Szenen. Das kann symptomatisch für die ganze Bond-Reihe stehen. Denn mit dem Scheitern des Kommunismus schien nicht nur die Geschichte an ihr Ende gekommen, wie Francis Fukuyama meinte, sondern auch die Agenten-Geschichten. James Bond war plötzlich eine anachronistische Figur, die im Kampf gegen allerlei Schurken mehr schlecht als recht eine Daseinsberechtigung suchte.

Den Massstab im Actionfilm setzten längst andere. Und mit Jack Bauer ("24") wurde schliesslich ein TV-Geheimagent stilbildend, den es wenig kümmert, ob ein Martini geschüttelt oder gerührt ist, weil er sowieso nie trinkt. Und isst. Und schläft. Im Fernsehen kam das Agentengenre zu neuer Blüte, nicht zuletzt, weil das Medium seine Zuschauer schon lange an schnelle Schnitte und wilde Kameraschwenks gewöhnt hatte. Zur Action trat der Vorteil der Serie, die in wöchentlichen Blöcken eine nuanciertere Zeichnung der Figuren erlaubt, als das Kino.

Man durfte gespannt sein, wie die Bond-Macher auf diese Herausforderung reagieren. Schnell sieht man, dass sich in "Casino Royale" visuell wenig geändert hat. Mit Martin Campbell ("GoldenEye") sass ein Routinier auf dem Regiestuhl, der zwar eine Verfolgungsjagd auf einem Baukran spannend in Szene setzt, aber kaum für neue Sehgewohnheiten sorgt. Dafür erfährt man nun mehr über die Figur James Bond als in allen Filmen zuvor. Vielleicht, weil neben den Veteranen Neal Purvis und Robert Wade auch Paul Haggis ("Crash") am Drehbuch mitschrieb. Vielleicht auch, weil die Geschichte eine Art Genesis des Superhelden Bond ist.

"Casino Royale" war 1953 der erste von Ian Flemings Bond-Romanen und zeigt den Agenten kurz nach dem Erhalt der Lizenz zum Töten. Sein erster Auftrag führt ihn auf die Spur von Le Chiffre (schön gemein: Mads Mikkelsen), der als Vermögensverwalter im internationalen Terrorismus mitmischt. Um zu verhindern, dass Le Chiffre noch mehr Attentate finanziert, lässt sich Bond auf ein millionenschweres Poker-Turnier ein, das für den Verlierer nur tödlich enden kann.

Dass dieser Film härter und schmutziger ist als seine Vorgänger, wird schon in der Eröffnungsszene klar. In körnigen Schwarzweissbildern sehen wir Bond einen Mann im Waschbecken eines Pissoirs ertränken. Später werden seine Fäuste wund sein, wenn er sich geprügelt hat und sein Hemd ist wohl öfter blutgetränkt als frisch gebügelt. Daniel Craig füllt die Rolle des knallharten Agenten von der ersten Sekunde an aus, als hätte er sein Leben lang nichts anderes gespielt.

Ganz überzeugen kann der neue Bond trotzdem nicht. Die Dramaturgie ist beinahe antiklimaktisch angelegt und lässt nach einem mitreissenden ersten Drittel die Spannung bald sinken. Das zentrale Pokerspiel im montenegrinischen Casino geschieht eher en passant, ohne dass darum herum wirklich Aufregendes passiert. Darauf wieder ein wenig Action und schliesslich in einer langen Sequenz der geschundene Bond, der sich mit seiner Geliebten (schön klug: Eva Green) von den Qualen des Einsatzes erholt (unter anderem: Hodenfolter - man will es sich nicht vorstellen). Ein richtiges Finale wartet nur auf Leute, die gerne alte Häuser in Venedig einstürzen sehen.

Insgesamt aber kein schlechter Film und vor allem einer, der auf mehr hoffen lässt. Vielleicht kann man es auch mit Chris Cornells "Casino Royale" Song illustrieren: Der ist ebenfalls kein Meisterwerk, aber um Längen besser als Madonnas lahme Nummer zu "Die Another Day", an die sich wohl keiner mehr erinnert - genau wie an den Film.

10.11.2020

4

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Kommentare

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grefele

vor 9 Jahren

Der beste Bond Film seit Jahren. Daniel Craig finde ich die beste Besetzung der neuern Bond Filme.


movie world filip

vor 12 Jahren

bei craig hat man nicht das upper class gefühl aber er macht es gut... glaubwürdige coole action wie bei die bourne filme.


melocoton78

vor 16 Jahren

Egal was viele sagen; ich finde Daniel Craig den besten Bond den es je gegeben hat.
Sexy, perfekter Body, cool, arrogant und verdammt gut. Er ist nicht mehr so poliert und hat diesen originellen verruchten Charme.
Die lahme "du-ich-jetzt-kaboom-und-wegmitdir" Masche wurde langsam langweilig in den alten Filmen. Das war mal eine schöne Abwechslung mit ein bischen Herzschmerz für 007...

Ahh, noch was:
lässt doch mal den Michael in Ruhe... ob er Schrott schreibt oder nicht muss ja niemanden stören.Mehr anzeigen


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