Bamako Frankreich, Mali, USA 2006 – 117min.

Pressetext

Bamako

Was für eine grossartige Idee: Abderrahmane Sissako lädt uns ein in Malis farbenfrohe Hauptstadt Bamako, wo er im Hof des Hauses seines verstorbenen Vaters eine Gerichtsverhandlung in Szene setzt, in jenem Hof, in dem er selber seine Jungend verbracht hat. Doch keine Angst, das ist alles andere als trockene Faktenbeigerei: Spannungsgeladen präsentiert sich die hier in Szene gesetzte Verhandlung gegen die Weltbank und den Internatio-nalen Währungsfonds, die ja eigentlich da wären, ausgleichend zu wirken im Weltmarkt. Munter läuft während der Gerichtsverhandlung im Hof das Leben weiter. Die geniale Idee von Sissako war es, Gericht zu halten im Alltag, denn aus ihm heraus wird so vieles, was diskutiert wird, ganz beiläufig sichtbar, wahrnehmbar, erkennbar. Und darüber hinaus spielt der Alltag aufs Unterhaltsamste seine Streiche. Natürlich schweift Sissakos Blick immer wieder ab, widmet er sein Interesse Randfiguren im globalen Game, um die Widerwärtigkeit der nördlichen Arroganz umso sichtbarer zu machen. Er ist auch ein hochsensibler Porträtist. Wenn die Welt heute voller Wunden ist, dann aufgrund einer langen Geschichte, die gerne vergessen geht, wenn man das Heute betrachtet. Sissako führt uns dies am Beispiel Afrikas im Innenhof seines Hauses vor Augen und vor Ohren. Luzid sind die Auseinandersetzungen und Äusserungen, real existierende Figuren und erfundene spielen ineinander über und miteinander, um von dem zu reden, was ist. Und von dem, was sein könnte. Zu Letzterem freilich würde so etwas wie Bewusstsein gehören, nicht nur ein Bewusstsein fürs Eigene sondern eben auch eines fürs Andere, für die Existenz des Anderen. Bamako ist für mich der dringlichste Film zur Zeit: Stiller Aufschrei, luzide Einsicht.

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Kommentare

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jevusja

vor 17 Jahren

Ein aussergewöhnlicher Film - allerdings sehr anspruchsvoll. Eher etwas für Leute, die beruflich mit der Entwicklungshilfe zu tun haben. Der Film stellt auf innovative Weise das Problem dar, dass vor über 20 Jahren die Institution Weltbank vielen armen Ländern Kredite versprach und gab unter der Bedingung, dass sie in ihren Ländern einschneidende strukturelle Änderungen vornähmen. Dies ist geschehen - und hat dazu geführt, dass die Länder noch ärmer sind als vorher, denn sie haben nicht nur keinerlei Sozialeinrichtungen (mehr), sondern können auch keine neuen aufbauen, da sie einen riesigen Teil des erwirtschafteten Geldes zur Rückzahlung eben jener Kredite ausgeben müssen. Ein Teufelskreis, den der Regisseur auf äusserst ungewöhnliche Art darstellt. Besonders zukunftsweisend ist das Urteil, zu dem man während des Prozesses kommt..! Es lohnt sich für alle, die sich dafür interessieren, warum die Welt in einem schlechten Zustand ist (arm-reich), und auch für die, die einfach Afrika mögen.Mehr anzeigen


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