Mary Frankreich, Italien, USA 2005 – 87min.

Filmkritik

Warten auf Godot

Björn Schäffner
Filmkritik: Björn Schäffner

Heiliger Bimbam: Am diesjährigen Filmfestival in Venedig holte Abel Ferrara den Spezialpreis der Jury, aber nicht den Segen des Vatikans. "Mary" überzeugt mit grundsoliden Charakteren - und ertrinkt am Ende in Langeweile.

Rechtzeitig zur Adventszeit schneit es Abel Ferraras Film "Mary" in die Kinos. Kein Machwerk à la Mel Gibsons "The Passion of the Christ". Im Gegenteil. Ferrara pflegt einen differenzierten Umgang mit religiösen Themen. Und doch hat ironischerweise erst der Riesenerfolg von Gibsons Folterstunde die Finanzierung von "Mary" möglich gemacht. Noch vor wenigen Jahren hätte in Hollywood kaum ein Hahn nach einem christlichen Film gekräht.

Abel Ferrara stellt die Gretchenfrage nicht zum ersten Mal. Legendär etwa ist der Auftritt von "Bad Lieutenant" Harvey Keitel, als dieser in einer Kirche zusammenbricht, Gott gleichsam beschimpfend und bekniend. Eine veritable Glaubenskrise zu bewältigen hat in "Mary" auch der erfolgreiche New Yorker Fernsehmoderator Theodore Younger, gespielt von Forest Whitaker. Ausgangspunkt des Films sind Dreharbeiten über das Leben von Jesus Christus. Als der Film abgedreht ist, weigert sich die Darstellerin der Maria Magdalena (Juliette Binoche), "Mary" eben, nach New York zurückzukehren. Stattdessen begibt sie sich auf einen spirituellen Selbstfindungstrip nach Jerusalem. Ein Jahr später lädt TV-Mann Younger, dessen Frau Elizabeth (Heather Graham) hochschwanger ist, den Regisseur des skandalumwobenen Films (Matthew Modine) in seine TV Show ein. Je mehr sich Younger mit dem Thema Jesus Christus auseinandersetzt, desto fester manövriert er sich in eine moralische Zwickmühle.

Während die Story auf verschiedenen, symbolbeladenen Ebenen operiert, widmet sich der Regisseur vor allem der Charakterzeichnung. Das gelingt ihm gut, seine Figuren gewinnen zusehends an Farbe und verblassen auch über die Zeit nicht. Doch leider vergisst Ferrara inmitten seines religiösen Traktats, eine stringente Handlung zu erzählen. Der Film will einfach zu vieles auf einmal sein: politisch-religiöses Thermometer der Jetztzeit, persönliches Glaubens-Statement des Regisseurs und auch noch spirituelles Drama. Das ist mitunter verwirrend und geht auf Kosten der Spannung. Da können wir - und das soll nicht als Angriff gegen Samuel Beckett verstanden werden - ebenso gut auf Godot warten.

25.05.2021

3.5

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Kommentare

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jugulator

vor 17 Jahren

Dieser Film kann ich leider nicht bedingungslos empfehlen. Er war mir persönlich einfach zu Kopflasting und zu unverständlich. Ist zwar schon fast ein Jahr her dass der in den Westschweizer Kinos lief, aber da meine Erinnerung daran fast geschwunden ist, sagt ja auch nichts gutes aus. In der Presse wurde er damals als der "Anti-Passion of the Christ" Movie beschrieben, was auch irgendwie nichts aussagt. Ein Film der mir ganz am Arsch vorbei ging.Mehr anzeigen


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