Hwal Japan, Korea, Republik (Süd) 2005 – 89min.

Filmkritik

Generationenkonflikt

Filmkritik: Pascal Lüthi

Auf seinem Fischerboot mitten im Meer beherbergt ein alter Mann Hobbyfischer vom Festland. Mit ihm auf dem Boot lebt ein 16-jähriges Mädchen, das in Kürze - am Tag ihrer Volljährigkeit - seine Frau werden soll. Die vermeintliche Hochsee-Idylle gerät allerdings in Gefahr, als eines Tages ein Junge zum Fischen kommt.

Der fürsorgliche alte Mann ohne Namen bereitet seiner noch minderjährigen Lebensgefährtin jeden Morgen das Frühstück zu und macht sich danach auf den Weg, mittels Beiboot die Tagesgäste vom Festland abzuholen. Abends wäscht er das Mädchen in einer kleinen Wanne und legt sich anschliessend über ihr im Stockbett schlafen - jedoch nicht bevor er einen weiteren Tag im Kalender, der den Hochzeitstag in einigen Monaten festhält, durchgestrichen hat. Gesprochen wird zwischen dem ungleichen Paar nicht, einzig wenn die Hobbyfischer den Alten um seine ungewöhnliche hellseherische Zusatzdienstleistung bitten, flüstert ihm das Mädchen nach einem waghalsigen Intermezzo mit Pfeil und Bogen das Gesehene ins Ohr.

Der Titel gebende Bogen ("Hwal") dient nebst der Vorhersage zusätzlich als Waffe sowie als Musikinstrument, mit welchem sich der wortkarge Alte ausdrücken kann. Von der Waffe muss er häufig Gebrauch machen, denn das Mädchen geniesst nicht nur seine Aufmerksamkeit, sondern erregt mit ihrer lolitahaften Art auch immer mehr jene der Fischer. Eines Morgens kommt ein junger Mann aufs Boot, zu welchem sich das Mädchen hingezogen fühlt. Der Alte sieht seine Heiratspläne durchkreuzt und muss handeln.

Bereits vor zwei Jahren machte der koreanische Regisseur Kim Ki-duk in Venedig von sich reden, als er mit "Bin-jip" den Silbernen Löwen für die beste Regie erhielt. Ein Jahr später schaffte er es mit dem Nachfolger "Hwal" (der Bogen) in die offizielle Auswahl des wohl berühmtesten Festivals an der französischen Mittelmeerküste. Beide Werke zeichnen sich durch ihre Wortkargheit aus. An die Stelle des Sprechorgans tritt in "Hwal" der Bogen. Dieser dient mal als bedrohliches, mal gefühlvolles Kommunikationsinstrument.

Kim Ki-duk, der um Drehbuch und Regie besorgt war, ist ein bewegendes Coming-of-Age-Drama der asiatischen Art gelungen. Der ausgesprochen langsame, fast schon meditative Erzählfluss des Films wird an den richtigen Stellen mit den musikalischen Klängen des Bogens untermalt. Mit einfachen, jedoch symbolträchtigen Bildern und einer erzählerischen Ruhe führt Kim Ki-duk die Handlung ihrem dramatischen Höhepunkt zu. Nur mittels Bildern vermag der koreanische Regisseur Emotionen zu wecken und eine Sinnlichkeit hervorzurufen, die jenseits von Worten liegen.

16.02.2024

4.5

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Kommentare

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Klaus1108

vor 17 Jahren

Es werden hier nicht viele Worte gesprochen, doch die Bilder prägen sich tief ein. Ein sehr beeindruckender Film. Die Hauptperson - das Mädchen -
liebt zwar seinen wesentlich älteren Ziehvater, welcher die junge Frau an ihrem 17. Geburtstag heirateten will. Zugleich wird aber deutlich, dass er das Mädchen wie eine Gefangene auf dem Schiff hält. Immerhin kommen ein paar junge Männer zum Fischen auf das Schiff, was für das Mädchen den einzigen Kontakt zur Aussenwelt darstellt. Und spätestens als das Mädchen sich in einen dieser jungen Männer verliebt, ist die rasende Eifersucht und Wut des Ziehvaters geweckt... Für das Mädchen wäre dieser junge Mann aber die einzige Möglichkeit, dem engen Leben auf dem Schiff, welches vom Ziehvater diktiert wird, zu entfliehen.Mehr anzeigen


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