Dear Wendy Dänemark, Frankreich, Deutschland, Grossbritannien 2005 – 101min.

Filmkritik

Pazifistischer Waffenkult

Andrea Lüthi
Filmkritik: Andrea Lüthi

"Dear Wendy" ist ein Gemeinschaftswerk der beiden Dogma-95-Gründer Thomas Vinterberg ("Festen") und Lars von Trier ("Element of Crime", "Dogville"). Teils realistisch, teils theatralisch-künstlich - auf jeden Fall aber ein neuer Blick auf das Thema Waffenliebe.

"Dear Wendy" setzt ein mit einem Abschiedsbrief Dicks (Jamie Bell - bekannt als Billy Elliot) an seine ungewöhnliche Geliebte, in dem die ganze Liebesgeschichte noch einmal aufgerollt wird: Alles beginnt mit einer verrosteten Pistole, die bei dem pazifistisch veranlagten Jungen plötzlich unbekannte Gefühle weckt. Als sein Kollege Stevie (Marc Webber)auch noch sein Interesse an Schiesswaffen gesteht, ist der Grundstein gelegt für die Dandies - eine Gruppe von Aussenseitern, die sich in einem alten Bergwerk trifft, um Schiesstechniken zu trainieren, zu verfeinern und zu studieren. Da ist etwa Susan, die unter ihrer Flachbrüstigkeit leidet oder der beinlose Huey und sein Bruder, der deswegen dauernd ausgelacht wird. Ihnen allen verschafft das unsichtbare Tragen einer Schusswaffe Selbstbewusstsein. Doch das oberste Gesetz der Dandies lautet: "Es wird nicht auf Menschen geschossen."

Überzeugend werden die Veränderungen der Jugendlichen sichtbar: Ihre Gangart wird sicherer, der verschlagene Blick zu Boden weicht direktem Augenkontakt. In feierlichen Zeremonien taufen sie ihre Waffen, und die Vermenschlichung geht gar so weit, dass die so genannten "Partner" bei Abstimmungen des Clubs ein Stimmrecht haben.

Doch das Unheil nimmt seinen Lauf, als Sebastian (Danso Gordon) dazustösst, der einen Menschen erschossen hat. Mit der Philosophie der Dandies kann er nichts anfangen: Weshalb Waffen tragen, ohne sie zu gebrauchen, wofür sie geschaffen sind? Bald ist es so weit: Ein an sich harmloses Ereignis artet aus. Es kommt zum Showdown.

Aus früheren Filmen kennt man Lars von Triers Vorliebe für Voice-over und Rahmenhandlungen - und auch dieser Film, für den er das Drehbuch verfasst hat, trägt unverkennbar seine Handschrift. Nicht nur, dass der Film einen nahezu theatralischen, künstlichen Einschlag hat. Thomas Vinterbergs realistischer Erzählstil und die unabdingbare Handkamera werden zusätzlich durchmischt mit am Experimentalfilm angelehnten Aufnahmen.

Eingeblendete Berechnungen von Schusswinkeln und dazwischen montierte Röntgenbilder von durchschossenen Schädeldecken verdeutlichen die Denkweise der Jugendlichen, die die ganze Umgebung nur noch auf diese Art wahrnehmen. Mit ihren Verkleidungen und Idealen schaffen sie sich ihr eigenes Universum. Ihre nahezu theatralische Weltanschauung mag auch die pompös inszenierte Schlusssequenz erklären, die abwechselnd mit Chor- und Streichmusik unterlegt ist und eher untypisch ist für Vinterbergs schlichten Stil. Allerdings hat hier die Lust am Inszenieren die Nachvollziehbarkeit der Handlung etwas in den Hintergrund gedrängt, denn das Handeln der Dandies ist zum Schluss hin doch leicht irritierend.

"Dear Wendy" zeichnet sich durch eine Radikalität aus, die man sich von beiden Filmemachern gewohnt ist. Und durch die Sympathie und das Verständnis, das den Jugendlichen entgegengebracht wird, wirkt der Film verstörend - und bringt eine neue Perspektive ein in die Diskussion um den Waffenkult.

25.05.2021

4

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Kommentare

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millerdominik

vor 18 Jahren

Das ist mit abstand der schlechteste Film den ich seit 3 jahren gesehen habe. Haette es sich nicht um eine Sneak Preview gehandelt, haette ich mir das bestimmt nicht freiwillig angetan.
Der Film ist nur was fuer total Geschaedigte.
Die letzten 10 min des Film sind noch einigermassen lustig. Aber die restlichen 1h 40 min sind.....Mehr anzeigen


janis20

vor 18 Jahren

Ich habe viel zu viel von diesem Film erwartet und wurde auf einer komischen art enteuscht jedoch verführt der Film in eine kleine gedankenwelt ein!


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