Muxmäuschenstill Deutschland 2004 – 90min.

Filmkritik

Allein gegen die böse Welt

Filmkritik: Marc Mair-Noack

Mux ist ein notorischer Weltverbesserer. Mit Hilfe seines Assistenten Gerd streift er durch die Strassen Berlins, um die Stadt von Schwarzfahrern, Graffiti-Sprayern und Schwimmbad-Pinklern zu befreien. Die Satire um Mux' Kampf für mehr Moral führt die Zuschauer auf die skurrile Odyssee eines weltfremden Idealisten, der nach und nach selbst zum Gesetzesbrecher wird.

Die Entstehungsgeschichte von "Muxmäuschenstill" liest sich wie ein Traum für angehende Filmemacher. Der junge Schauspieler Jan Henrik Stahlberg trägt schon lange eine gute Idee für eine Filmstory mit sich herum, kommt damit aber nicht weiter. Zusammen mit seinem Kollegen Marcus Mittermeier und dem Produzenten Martin Lehwald schreibt er das Drehuch fertig. Doch bei der Filmförderung blitzen sie mit der Story des Moralapostels Mux ab. So beschliessen sie, den Film auf Biegen und Brechen selbst zu finanzieren. Das Experiment gelingt: Nur mit zwei günstigen DV-Filmkameras ausgerüstet schaffen die drei Künstler in 3 Wochen Drehzeit ein herrlich skurriles Werk. Vier Auszeichnungen beim "Max Ophüls"-Filmfestival sowie drei Nominationen für den Deutschen Filmpreis 2004 sind der Lohn der Senkrechtstarter. Wer braucht da schon eine Filmförderung?

Im Mittelpunkt des Geschehens steht Mux (hervorragend verkörpert vom Autor Jan Henrik Stahlberg selbst). Seine grosse Mission ist es, der Gesellschaft wieder Ideale und Verantwortungsbewusstsein beizubringen. Dazu fängt er im Kleinen an: Rasern auf der Landstrasse schraubt er als "pädagogische Massnahme" das Lenkrad ab. Schwarzfahrern redet er solange ins Gewissen, bis diese ganz betreten aus der Wäsche kucken. Und Hundebesitzern drückt er auf der Strasse schon mal den Kopf in das Häufchen ihres Tieres.

Da der Kampf für mehr Moral und Solidarität allein zu anstrengend ist, engagiert Mux den Assistenten Gerd (Fritz Roth, nominiert für den Deutschen Filmpreis). Zusammen haben die beiden durchaus Erfolg: Nicht nur, dass sich die meisten überführten Straftäter einsichtig zeigen, sogar die Presse interessiert sich bald für Mux und seine Mission. Doch als die Kellnerin Kira in sein Leben tritt, wird der eifrige Idealist bald selbst zum Gesetzesbrecher.

Einen gesellschaftskritischen Film voller hochmoralischer Statements zu drehen kann sehr leicht danebengehen. Wer will schon 90 Minuten lang moralinsaure Botschaften hören? "Muxmäuschenstill" funktioniert jedoch, weil die Figur des Mux immer auf dem schmalen Grad zwischen ernstzunehmendem Gerechtigkeitskämpfer und völlig weltfremden Träumer mit Hang zur Selbstjustiz wandelt. Die Figur ist damit auch interessant genug, über ein paar Flauten im Erzähltempo des Films hinwegzuhelfen. Mal möchte man Mux Beifall spenden, mal ihn möglichst rasch unter psychologischer Aufsicht sehen. Denn für Mux ist jeder Gesetzesverstoss gleich schlimm: Ob ein Vater seine Familie ermordet oder eine Frau in der U-Bahn ohne Fahrschein fährt, der Moralapostel ist stets gleichermassen betroffen und voller Zweifel an der Menschheit.

06.02.2021

4

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Kommentare

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movie world filip

vor 12 Jahren

verwirrende film


stein

vor 19 Jahren

Origineller, gut gemachter Film.


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