Machuca Chile, Frankreich, Spanien, Grossbritannien 2004 – 120min.

Filmkritik

Schwierige Freundschaft

Filmkritik: Remo Bräuchi

Es ist Frühling in Santiago, 1973 und Chile ist in Aufruhr. Die marxistische Regierung von Präsident Salvador Allende ist seit drei Jahren im Amt und übt Druck auf die reiche Oberschicht aus. Während sich die Elite an ihre materiellen Sicherheiten klammert, sehen die Menschen aus Santiagos Elendsvierteln endlich eine Chance, in einem gerechteren System ihrer Armut zu entfliehen. Der Riss zieht sich quer durch Chiles Gesellschaft.

Doch der 11jährige Gonzalo (Matías Quer), der eine katholische Privatschule in Santiago besucht, kriegt von den politischen Wirren nicht viel mit. Er stammt aus reichem Haus und sein drängendstes Problem stellt die Frage dar, ob seine Mutter nun eine Affäre hat oder nicht.

Als die Schule auf Initiative eines aufgeschlossenen Paters hin eine handvoll Knaben aus Santiagos armen Vororten aufnimmt, freundet er sich vorsichtig mit Pedro (Ariel Mateluna) an. Durch ihn entdeckt Gonzalo eine ihm bislang unbekannte Welt aus Armut, Solidarität und Aufbruchstimmung und in Pedros Nachbarin Silvana (Manuela Martelli) seine erste Liebe.

"Machuca" trägt stark autobiografische Züge. Regisseur Andrés Wood war acht Jahre alt, als sich General Pinochet am 11. September 1973 an die Macht putschte. Gut ein Drittel der Schüler aus seiner Klasse stammten damals den der Arbeit eines progressiv gesinnten Schulleiters aus Santiagos Elendsvierteln. Erstmals in der Geschichte Chiles kamen zwei Welten zusammen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Hier die vermögende Elite und dort die bettelarme Bevölkerung, die im demokratischen Chile Allende zur Macht verholfen hatte.

Bewusst beschränkt sich Woods in der Aufarbeitung von Chiles Vergangenheit auf den Blickwinkel seines jungen Hauptdarstellers. Die zunächst nur sporadisch ein- und ausgeblendeten Szenen der politischen Wirren haben für die zwei Teenager bestenfalls den Charakter eines Abenteuers. Doch auch in der auf den ersten Blick unschuldigen Freundschaft spiegelt sich sehr bald der gesellschaftliche Klassenkampf wider, als mit der dramatischen Zuspitzung des Konflikts die komplizierte Welt der Erwachsenen den beiden Jungen den Boden der Sorglosigkeit unter den Füssen wegzieht.

"Machuca" ist Chiles offizieller Vorschlag für die Oscars 2005 und war in seiner Heimat ein riesiger Publikumserfolg. Dem Film wird sogar zugute gehalten, die Entscheidung des chilenischen Gerichtshofes, die Immunität Pinochets aufzuheben, beschleunigt zu haben. Ein seltener und schöner Fall von effizienter politischer Vergangenheitsbewältigung.

10.11.2020

4

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Kommentare

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irenekarin

vor 17 Jahren

Ein sehr schöner und sehr trauriger Film. Da wird man richtig wütend...


dvdstar

vor 18 Jahren


map1

vor 18 Jahren

genau so (und schlimmer) war es damals in Chile


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