Hotel Ruanda Kanada, Italien, Südafrika, Grossbritannien, USA 2004 – 121min.

Filmkritik

Was niemand wissen will

Filmkritik: Andrea Bleuler

Nur selten ist Afrika Schauplatz in grossen Kinosälen. Der irische Regisseur Terry George ("In the Name of the Father") hat den nahezu eine Million Tote fordernden Völkermord in Rwanda für ein breites Publikum thematisiert und aufgearbeitet. Ein Schlag in's Gesicht der ersten Welt - hochverdient und überfällig.

Zehn Jahre ist es her, seit in Rwanda die regierenden Hutu die Tutsis in einem hunderttägigen Massaker niedergemetzelt haben. Der Westen hat in keiner Weise eingegriffen: Gerne hat man verdrängt, was mit Unzivilisiertheit wunderbar leicht abzuhaken ist. Oder wie es ein zynischer Fernsehreporter (Joaquin Phoenix) erklärt: Auch jene Schreckensmeldungen werden die Menschen nicht davon abhalten, sich kurz darauf wieder ihrem Abendessen zuzuwenden.

In Terry Georges Film wird die mörderische Orgie, Hollywood-klassisch, durch eine konkrete persönliche Geschichte greifbar. Das Drehbuch basiert auf den Lebenserfahrungen des Hotelmanagers Paul Rusesbagina, Hutu, der zusammen mit seiner Tutsi-Frau (Sophie Onokedo) und den Kindern dem Tod wiederholt entrinnen kann. Es gelingt ihm darüber hinaus, 1200 Mitbürgern im Luxus-Hotel Schutz zu bieten und sie vor dem Tod zu bewahren.

Don Cheadle spielt diesen ungewöhnlichen Helden bravourös und lässt in seiner Kunst des Schauspiels kein überflüssiges Gramm Drama zu. Verhältnismässig wenig Filmzeit wird optisch für Greueltaten aufgebracht - eine Autofahrt über eine Leichen bedeckte Strasse, in Dunkelheit und Nebel, erzählt das Nötige ökonomisch. Im Fokus ist das Übermenschliche, das von der beteiligten Zivilbevölkerung emotional abgefordert wird. Gleichzeitig gelingt es George, die Bedürfnisse des Kinopublikums nach Spannung und Action zu befriedigen.

Wenig Zeit bleibt hingegen für die Hintergründe dieses Konflikts und ihren Bezug zum Westen übrig:

Die ehemalige Kolonialmacht Belgien wird angeprangert, die Minorität der Tutsi aus eigenem Nutzen privilegiert zu haben. Aus Frankreich sind Waffen geliefert worden. Die Rolle der katholischen Kirche wird gänzlich ausgeblendet. Der UNO-Soldat (Nick Nolte), der eine lächerlich kleine Truppe zu seiner Verfügung hat (eher ein Alibi, um das Gewissen der Medienkonsumenten zu beruhigen) und nicht eingreifen kann, bezeichnet die Gleichgültigkeit des Westens als eine Form von Rassismus.

Georges Film kritisiert aber sehr wohl die selektive Wahrnehmung und profitorientiertes Denken in der westlichen Medienpolitik - Das Gewissen wirkt von selbst. Sein nobles Ziel, die Greueltaten zumindest im Nachhinein besser im Bewusstsein der Menschheit zu verankern und ein breites Publikum dadurch überhaupt zu informieren, lässt auch übersehen, das Offensichtlichem unnötig mit plumpem Dialog nachgeholfen wird.

10.11.2020

4

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Kommentare

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stephelbine

vor 11 Jahren

Sehr bewegend.


movie world filip

vor 12 Jahren

langweilig... vielen habe diese film gut gefunden... ich fand es kitchig und trocken


Gelöschter Nutzer

vor 12 Jahren

Dieser Film geht echt an das lebendige, emotional sehr aufwühlend! Hat bei mir Tränen und Kopfschütteln der Ungerechtigkeit dieses grossen schmerzes hinterlassen!!!


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