Daybreak Schweden 2004 – 108min.

Filmkritik

Das Ende als Anfang

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

"Daybreak" - Tagesanbruch: Ein neuer Tag, ein neues Lebenskapitel bricht an. Der schwedische Filmer Björn Runge beschreibt Menschen, die bewusst oder unbewusst vor einer Entscheidung stehen. Mit dem Tagesanbruch hat sich ihr Leben verändert.

Manche Menschen glauben an einen Siebner-Rhythmus: Demnach trete alle sieben Jahre eine markante Änderung in der Lebenskurve ein: Schule, Pubertät, Selbständigkeit, Familie und so weiter. Die Figuren in Björn Runges "Daybreak" stehen demnach vor dem sechsten oder siebten Knick: Sie sind um die 40 oder älter, vielleicht 42 oder 49.

Anders (Magnus Krepper) mauert alles, was ihm unter die Hände kommt. Manchmal steht er aber mit leeren Händen da und somit ohne Lohn. Anders arbeitet wie verrückt und vernachlässigt dabei seine Familie. Sein neuster Job führt ihn zum Ehepaar Knut und Mona (Ingvar Hirdwall, Marika Lindström). Die beiden haben beschlossen, der Welt den Rücken zu kehren: Der Maurer soll ihre Fenster und Türen zumauern. Er beginnt mit seiner Arbeit, erlebt heftige Auseinandersetzungen, auch Verzweiflung, und findet zu sich selbst, zu seiner Familie. Und das ist das Thema dieser Bilder: Selbsterkenntnis und das Erkennen des Anderen, des Partners, des Ex.

Ein Paar, Agnes und Rickard (Pernilla August,Jakob Eklund), lädt ein befreundetes Paar, Sofie und Mats (Marie Richardson, Leif Andrée) zum Abschiedsessen ein und erlebt ein Waterloo. Die Fassade der beiden Chirurgen-Kollegen Rickard und Mats bröckelt. In Wahrheit sind sich die beiden Freunde spinnefeind, und Sofie hat sich mit Rickard eingelassen. Agnes und ihre Kinder sind die Dummen. Aber noch ist nicht aller Tage Abend.

Das gilt auch für Olof (Peter Andersson) und Petra (Sanna Krepper), die von der Berserkerin Anita (Ann Petrén), Olofs Ex, heimgesucht und barsch zur Rede gestellt werden. Das Ende der Zweisamkeit, die Trennung von Olof und sein Verhältnis zur viel jüngeren Petra liegen Anita schwer auf der verletzten Seele. Sie muss sich befreien.

Die aneinander gereihten und gebrochenen Episoden haben eines gemeinsam: Sie erzählen von Konfrontationen und Befreiungen. Sie sind rau, manchmal befremdlich, kleinbürgerlich und sehr wirklichkeitsnah, weit über schwedische Verhältnisse hinaus. Der 43-jährige Björn Runge, Autor und Regisseur, hat Krisen registriert, private Katastrophen beschworen, Masken heruntergerissen. Eine Nacht wird zum Wendepunkt, führt zur Klärung.

Wie Robert Altman spinnt der Filmautor seinen Faden, ohne die Protagonisten dramaturgisch zusammenzuführen. Kammerspielartig entstand so das Mosaik einer erstarrten Gesellschaft, die erschüttert wird. "Daybreak" wurde am Filmfestival von Berlin 2004 als bester europäischer Film ausgezeichnet, und das hervorragende Schauspielerensemble erhielt einen Silbernen Bären.

31.05.2021

4

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Kommentare

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roman23

vor 20 Jahren

sehr nah!


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