Be Here to Love Me USA 2004 – 99min.

Filmkritik

For the Sake of the Song

Sarah Stähli
Filmkritik: Sarah Stähli

Das Genre des Musik-Biopics, in dokumentarischer sowie fiktionaler Form, erfreut sich zurzeit grosser Beliebtheit. Nicht selten werden die Porträtierten darin zu Halbgöttern hoch stilisiert. Nicht so in "Be Here to Love Me", ein intimes Porträt des 1997 verstorbenen texanischen Singer-Songwriters Townes van Zandt.

Auch wenn Margaret Browns Erstling nicht im gleichen Masse begeistert wie etwa Martin Scorseses Bob Dylan-Doku "No Direction Home", schafft sie es doch, einem die entdeckenswürdige Musik van Zandts und vor allem den Mann hinter den Songs näher zu bringen.

Townes van Zandts Lieder sind wohl vor allem durch ihre Coverversionen bekannt. Von Willie Nelson bis zu den Tindersticks wurden die unterschiedlichsten Musiker von van Zandts ergreifendem Songwriting inspiriert. Steve Earle bezeichnet ihn gar als den «besten Songwriter der Welt». Van Zandts bluesige Folksongs erzählen von Frauen, die Herzen brechen, von Outlaws, von Todessehnsüchten. Gleich in der ersten Sequenz ist seine brüchige Stimme aus dem Off zu hören: «Mein Leben wird zu Ende gehen, bevor meine Arbeit zu Ende ist. Ich habe es selber darauf angelegt». Tatsächlich bewegt sich van Zandts Existenz immer auf der Schnittstelle zwischen Leben und Tod. Mit zwanzig stürzt er sich rückwärts aus dem vierten Stock, nur um zu sehen «wie sich das anfühlt» und wird anschliessend einer Elektroschocktherapie unterzogen. Drogen- und Alkoholabstürze gehören genauso zu seinem Alltag wie Momente grossser Inspiration. Seinen wohl einflussreichsten, todtraurigen Abgesang «Waiting Round to Die» schrieb er, nicht sehr zur Freude seiner ersten Frau, während den gemeinsamen Flitterwochen.

Zahlreiche Anekdoten von Musikerkollegen, Produzenten, Freunden und Familienmitgliedern zeichnen das Bild eines genialen aber gebrochenen Mannes. Van Zandt selbst bleibt in den Interviews immer unnahbar, überdeckt seine Traurigkeit und Schüchternheit mit Herumalbern, erzählt lachend Anekdoten haarsträubender Drogenexzesse. Vielleicht beinhaltet Browns Film etwas zu viele "talking heads", ob beispielsweise die Aussagen von ehemaligen Mitschülern von Wichtigkeit sind, ist fraglich. Als jedoch van Zandts jüngster Sohn gesteht, dass er alle seine Hip Hop Platten weggegeben habe und nur noch seinen Vater höre, läuft es einem kalt den Rücken herunter.

Am eindrücklichsten sind die Archivaufnahmen, die einen grossen Teil des Filmes ausmachen. Zum Beispiel wenn van Zandt alleine mit seiner Gitarre auf der Bühne steht, die Augen geschlossen, oder zuhause in seiner Küche «ein Medley all meiner Hits» anstimmt und den verlebten Aussenseiter-Gestalten die ihm zuhören, die Tränen in die Augen steigen. Die längst verdiente Anerkennung wird "Be Here to Love Me" Townes van Zandt wohl kaum bringen, dazu sind seine Songs zu abgrundtief traurig, seine Figur zu widersprüchlich; hoffentlich wird es aber ein paar Glückliche geben, die dank dem Film einen der grossen, melancholischen Songpoeten für sich entdecken.

31.07.2006

4.5

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