Sylvia Grossbritannien 2003 – 110min.

Filmkritik

Miss Todessehnsucht

Filmkritik: Andrea Bleuler

Die amerikanische Poetin Sylvia Plath, wie sie liebte, lebte und starb - interpretiert von Hollywoods Prinzessin Gwyneth Paltrow. Wie viele biografische Verfilmungen liefert "Sylvia" aber lediglich ein eindimensionales Bild der Heldin. Will man den Filmemachern glauben, dann dürfte man zum Schluss kommen, dass sie der Liebe wegen lebenslänglich gestorben ist. Ihren Gedichten nach zu schliessen ist das längst nicht alles.

Morrissey ist ein grosser Fan von ihr. Für die Frauenliteratur ist sie eine Ikone, ähnlich wie Frida Kahlo. In den USA gehört ihr Gedichtband zur Schullektüre, in Europa ist sie allerdings weniger bekannt: Sylvia Plath, geboren 1932, war eine begnadete Poetin. Doch erst ihr tragischer Tod - sie nimmt sich mit 32 Jahren in ihrer schäbigen Wohnung das Leben, während ihre Kinder schlafen - hat sie auch als Person definiert.

Plath' dramatische Biografie scheint in der Tat wie für die Leinwand gemacht. Nach einem Selbstmordversuch kommt Sylvia (Gwyneth Paltrow) zum Literaturstudium nach England und verführt den brillanten und charmanten jungen Schriftsteller Ted Hughes (er hat unter anderem den kürzlich als "The Iron Giant" verfilmten Kinderklassiker "The Iron Man" geschrieben und wird gespielt von Daniel Craig). Die gemeinsame Passion für das Wort scheint die beiden im Innersten zu verbinden. Aber das Glück ist nicht von Dauer: Plath hört auf zu schreiben, wird, trotz oder wegen zweifachem Kindersegen, depressiv und krankhaft eifersüchtig.

Christine Jeffs Film ist vorsichtig genug, offen zu lassen, wie diese Fakten zusammenspielen und vermittelt den Eindruck eines emotionalen Tiefenschwindels. Was genau ihre Seele beschwert und warum sie sich bereits in frühsten Jugendjahren, bevor sie ihren Mann kennen gelernt hat, nach dem Tod sehnt, bleibt unverständlich.

Die potentesten Szenen sind jedenfalls nicht etwa ihr Selbstmord oder ihre Misere als alleinerziehende Mutter in totaler Armut, sondern diejenigen Momente, in denen ihre grenzenlose Leidenschaft für das Spiel mit der Sprache zum Tragen kommt. Dass in der Darstellung ihrer letzten Monaten, in denen sie ihre kreativste Lebensphase hatte, keine solchen mehr vorkommen, ist absolut verwerflich.

"Sylvia" ist in erster Linie eine optimale Selbstverwirklichungs-Plattform für Gwyneth Paltrow. Sogar ihre eigene Mutter Blythe Danner ist im Film als Sylvias Mutter besetzt. Paltrow spielt ihre Rolle mit Inbrunst, wächst aber nicht über sich selbst hinaus. Zwar ist für die Leinwandversion unmittelbar vor Sylvias Selbstmord eine Wiederversöhnungs-Bettszene in totaler Nacktheit eingeflochten. Von einem seelischen Strip à la Charlize Theron in "Monster" ist die allzu perfekte Blonde aber weit entfernt.

10.11.2020

3

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