Histoire de Marie et Julien Frankreich, Italien 2003 – 145min.

Filmkritik

Liebe und Erpressung

Filmkritik: Remo Bräuchi

Basierend auf einer eigenen Idee aus den 70er Jahren präsentiert Regisseur Jacques Rivette eine Liebesgeschichte mit einem Hauch Übersinnlichem. In der Rolle der Marie ist Rivette-Veteranin Emmanuelle Béart ("La belle Noiseuse") zu sehen.

Julien (Jerzy Radzivilowicz) lebt allein und zurückgezogen in seinem grossen Haus, welches schon bessere Tage gesehen hat. Er verbringt seine Zeit damit, Uhren in allen erdenklichen Formen und Grössen zu reparieren - obwohl seine Hände, wie er selbst sagt, dafür eigentlich nicht geeignet sind. Nebenbei erpresst er eine junge Frau (Anne Brochet), die sich Madame X nennt.

Julien hat erfahren, dass die Unternehmerin ihre Teppiche mit gefälschten Zertifikaten versieht, und Madame X ist bereit, für Juliens Schweigen zu bezahlen. Doch eigentlich ist ihm auch dieser Kontakt mit einem anderen Menschen schon zuviel. Julien macht sich nicht viel aus anderen Leuten. Nur an Marie (Emmanuelle Béart), die er vor einem Jahr kurz kennen gelernt und seither nicht mehr gesehen hat, erinnert er sich öfters. Sie hat ihn so beeindruckt, dass sie auch mal in seinen Träumen erscheint. Die Träume jedoch enden selten gut. Als sich Julien und Marie zufällig wieder über den Weg laufen, kommen sich die beiden näher. Kurz entschlossen zieht Marie darauf bei Julien ein. Doch die mysteriöse Vergangenheit der jungen Frau holt die beiden Liebenden ein.

Nach dem Krimi "Secret Defense" und der recht erfolgreichen Komödie "Va Savoir" besinnt sich Jacques Rivette auf ein eigenes altes Projekt. "Histoire de Marie et Julien" war 1976 als dritter Teil seiner vierteiligen Reihe "Scènes de la vie parallèle" geplant, einer Art Hommage an das damals wenig kommerzielle Fantasy-Genre. Die ersten zwei Filme "Duelle" und "Noiroît" waren bereits fertig gestellt. Doch drei Tage nach Beginn der Dreharbeiten mit Leslie Caron und Albert Finney in den Hauptrollen erlitt Rivette einen Nervenzusammenbruch, und das Projekt wurde aufgegeben.

Bei Rivettes Filmen weiss man eigentlich, was einen erwartet: Mysteriöse Figuren, leicht theatralische Dialoge und karge Handlung. Er wehrt sich dagegen, es seinen Zuschauern leicht zu machen. Dazu passt der Meister grundsätzlich die Dauer seiner Filme seiner Vision an ("Histoire de Marie et Julien" kommt mit zweieinhalb Stunden noch relativ kurz daher). Das erfordert Geduld. Rivettes neuester Film ist nicht sein bester, zu sehr erinnert die Auflösung seiner Geschichte an einige aktuellere Filme. Aber seine konsequente Weigerung, sich an zeitgenössische filmische Konventionen zu halten, führt zu einer eigentümlichen Spannung, der man sich schwer entziehen kann.

18.05.2021

3.5

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