Rabbit-Proof Fence Australien 2002 – 94min.

Filmkritik

Von Hasen und Menschen

Filmkritik: Christian Flückiger

Australien zur Blütezeit der Rassenhygiene: Mischlingsfamilien werden brutal auseinandergerissen. Die Kinder gewaltsam in die weisse Kultur integriert. "Rabbit Proof Fence" widmet sich dem düsteren Kapitel beispielhaft und zeigt die Flucht dreier Mädchen aus einem Umerziehungslager. Klar, ohne unnötige Schuldzuweisungen, aber manchmal ein wenig langfädig und einseitig.

Unerwünschte Vermehrung eindämmen. Die Landplage begrenzen. Das war um 1930 das erklärte Ziel der weissen Australier. Nicht in Bezug auf ihre Ureinwohner, sondern als Argument für den Bau eines Zauns quer durch das Land: Den "Rabbit-Proof Fence". An ihm sollten die Karnickel auf dem Weg in fruchtbare Gebiete scheitern. Für den Umgang mit den Aborigine wurden ähnlich rigorose Leitplanken aufgestellt. Mit unterschiedlichem Erfolg. Während die - notabene selbstverschuldete - Hasenplage eingedämmt werden konnte, fand eine Durchmischung von weissen Einwanderern mit den Ureinwohnern weiterhin statt. Als Ergebnis daraus resultierten Tausende Mischlingskinder, die meist bei ihren Müttern in den Stammesverbänden lebten, während ihre (weissen) Väter längst fort- oder weitergezogen waren. Eine Entwicklung, die die Regierung mit äusserstem Argwohn beobachtete. Eine Entwicklung, die die Behörden dazu veranlasste, Mischlingskinder von ihren Aborigine-Müttern zu trennen und in eigentlichen Umerziehungslagern zu Hausmädchen und Arbeitern für Weisse "auszubilden". Natürlich wurden die Verfechter dieser Massnahme nicht müde zu behaupten, die Zwangsintegration in die weisse Kultur geschehe zum Wohl der Kinder.

Einen tieferen Eindruck, wie "wohl" sich die entwurzelten Kinder ohne Vater und Mutter wirklich gefühlt haben müssen, vermittelt Phillip Noyce mit "Rabbit-Proof Fence". Der Film basiert auf den Erzählungen von Molly Craig, die in ihrer Jugend selbst mehrmals aus solchen Umerziehungsheim flüchtete. Noyce - selbst auch Australier - erzählt beispielhaft für die Verschleppung von Tausenden, wie Molly (Everlyn Sampi), ihre kleine Schwester Daisy (Tianna Sansbury) und ihre Freundin Gracie (Laura Monaghan) aus ihren Zuhause im australischen Busch gerissen und in ein Heim gesteckt werden. 1500 Meilen von ihren Eltern entfernt. Ohne Rechte, aber mit vielen Pflichten.

Bereits in der ersten Nacht im Lager beschliesst Molly, dass sie hier nicht bleiben will. Sie plant die Flucht. Zusammen mit Daisy und Gracie nimmt sie den langen Weg Richtung Heimat unter die Füsse. Als Orientierungshilfe dient ihr auf dem langen und gefährlichen Marsch ausgerechnet der Hasenzaun. Allerdings merken auch ihre Verfolger bald, woran sie sich halten müssen.

"Rabbit-Proof Fence" ist ein gelungenes Stück australischer Geschichtsaufarbeitung. Zwar gibt sich Noyce Mühe, die Beweggründe beider Seiten für ihr Handeln aufzuzeigen und so die Figuren zu differenzieren. Aber die Reduktion auf drei Einzelschicksale hat ihre Tücken. Fiktion und Fakten können nicht mehr auseinander gehalten werden. Der Plot legt eine Deutungsweise nahe, die vom Zuschauer für den Normalfall gehalten wird. Aber ob es nun wirklich Tausenden so dreckig erging wie Molly, Daisy und Gracie im Film, oder ob es sich dabei um die grosse Ausnahme handelt, spielt letzten Endes keine Rolle. Denn dass es passiert ist, steht ausser Frage. Und das ist der Punkt. Noyce zeigt in einer starken visuellen Umsetzung der Thematik auf, wozu rassische Arroganz, gepaart mit Macht, fähig ist. Und das kann wohl nicht oft genug gezeigt werden.

19.02.2021

3.5

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Kommentare

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cisler

vor 21 Jahren

Ich habe eigentlich nur ne kleine Anmerkung zum Bericht von Oliver.
Ich bin nicht der Meinung dass es was bringt die Aussies zu verklagen oder an den Pranger zu stellen. Klar es wurden Fehler gemacht doch dazumal wussten sie es einfach nicht besser. Das wichtigste ist nun das man daraus was lernt. Ich denke die Aussies haben schon lange mit dem umdenken begonnen. Erinnern wir uns doch an die Olympiade 2000 in Sydney. Der Regierung war es wichtig das auch das Urvolk mit in die Ereignisse rund um diesen Event miteinbezogen wurde. Das ist doch schon mal ein Schritt in die richtige Richtung...
Es bringt doch keinem was wenn die Aussies nun für die Verbrechen ihrer Vorväter bestraft werden und zu Milliarden Zahlungen verklagt werden damit sie danach ne weisse „Weste“ haben. Das leben miteinander ist doch gefragt und nicht Schuldzuweisungen, damit kommt man nicht weit....
Sinnvoll (auf diesen Film bezogen): Taskforce zur Zusammenführung von auseinandergerissenen Familien.Mehr anzeigen


cineast2001

vor 21 Jahren

Rabbit-Proof Fence ist wirklich ein Film der die Verbrechen der assozialen englischen Okupanten an den bedauernswerten australischen Ureinwohnern aufzeigt.Dieser Film ist ein Appell an alle freiheitsliebenden und demokratischenVölker Australien für seine unmenschlichen Verbrechen(Verschleppung,Vergewaltigung und Mord)an den Ureinwohnern in die Pflicht zu nehmen und zu bestrafen!!Die faschistoide Haltung dieser bis 1976 gängigen Praxis der Verschleppung von Mischlingen durch die australischen Verbrecherregierung sollte man international bestrafen.Denn wer den Ureinwohnern ihren Lebensraum wegnimmt und sie beinahe versklavt hat das Recht verwirkt international mitzureden!!Mehr anzeigen


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