Possession Grossbritannien, USA 2002 – 102min.

Filmkritik

Nostalgie der grossen Gefühle

Filmkritik: Andrea Bleuler

Ausgerechnet Nachforschungen zu Poeten aus der prüden viktorianischen Ära bringen zwei jungen Literaturwissenschaftlern von heute wahre Leidenschaft bei. In der filmischen Umsetzung liess sich Regisseur Neil La Bute zu keinerlei Extremen hinreissen.

In den "Indiana Jones" Filmen zog ein Archäologe aus, um grosse Abenteuer zu erleben. Ob Literaturwissenschaftler ebenso in der Lage sind, mit ihren Untersuchungen ein breites Publikum zu unterhalten? Eine amerikanische Starbesetzung der Hauptrollen - für eine Geschichte, die sich in England abspielt - sollte die Mehrheitsfähigkeit wohl garantieren.

Aaron Eckhart, wiederholt für Neil LaBute's Filme gecastet ("Nurse Betty", "Your Friends and Neighbours"), spielt den amerikanischen Stipendiaten Roland. Dieser forscht über den Poeten Randolph Henry Ash (Jeremy Northam) und stösst dabei auf eine bis anhin unbekannte Korrespondenz mit einer mysteriösen Geliebten. Als er Maud Baley (Gwyneth Paltrow), eine brillante Gender Studies-Spezialistin, beizieht, um mehr über die protofeministische und ausserdem lesbische Poetin Christabel LaMotte (Jennifer Ehle) zu erfahren, bestätigt sich die Vermutung: Zwischen Ash und LaMotte hatte es eine Romanze gegeben. Die jungen Wissenschaftler verfolgen daraufhin die Beweisspur quer durch ganz England. Ihre Konkurrenz ist der ehrgeizige Professor einer drittklassigen amerikanischen Universität.

In persönlichen Belangen aber meiden die beiden Akademiker die grosse Leidenschaft wie der Teufel das Weihwasser. Doch das Feuer des viktorianischen Liebespaars springt auf die unterkühlten Zeitgenossen über. Und auch wenn dies alles ziemlich vorhersehbar ist: Der Film lebt voll und ganz von dieser Nostalgie der grossen Gefühle.

Regisseur LaBute hat den von der Kritik hochgelobten und mit dem Booker Price ausgezeichneten Roman von A. S. Byatt - ihrerseits eine englische Literaturprofessorin - solide auf die Leinwand übertragen. Auch in der Verfilmung transportiert vielmehr die Sprache als das Bild die knisternde Erotik. Seine Machart zeigt aber weiter keine Affinität zu Schwelgerei oder Poetik. Viele Figuren sind auf exzentrische englische Stereotypen reduziert worden. Das Resultat ist ein klassisch und korrekt gestalteter Film, der sich aber stets an den breitest getretenen Pfaden orientiert.

10.11.2020

3

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Kommentare

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Urs23

vor 12 Jahren

Spannend von Anfang bis Ende


ingold

vor 21 Jahren

Tolle Geschichte, schöne Verfilmung und gute Besetzung.


Gelöschter Nutzer

vor 21 Jahren

BRILLANT! intelligente Gefühle!!


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