Insomnia USA 2002 – 115min.

Filmkritik

Schlaflos in Alaska

Benedikt Eppenberger
Filmkritik: Benedikt Eppenberger

Mit dem Indie-Hit "Memento" gelang Christopher Nolan ein vertrackter Thriller abseits der Norm. Wie schon dort bestimmen auch im Nachfolgefilm "Insomnia" Wahrnehmungstrübungen des Protagonisten den Plot. Diesmal ist das Ergebnis allerdings zwiespältig ausgefallen.

"Insomnia" basiert auf dem gleichnamigen norwegischen Thriller aus dem Jahr 1997. Dieser "Film blanc" nahm Motive und Stimmungen aus David Lynchs legendärer TV-Serie "Twin Peaks" auf und zeigte einen schwedischen Detektiv, der jenseits des Polarkreises im endlosen Licht der Mitternachtsonne im Mordfall eines Mädchens ermittelt. Die Unmöglichkeit, hier Schlaf zu finden, und die daraus resultierende Müdigkeit bringen Seiten des Ermittlers zu Tage, die über den Fall hinausgreifen und ihn in einen Strudel von Schuld und Verdächtigung hineinziehen.

Zeichnete der norwegische Regisseur Erik Skjoldbjaerg den Verlust rationaler Urteilsfähigkeit und das Hineingleiten in den Wahnsinn als Prozess, geht Christopher Nolan gleich von Beginn weg in medias res. Bereits auf seinem Flug in den hohen Norden sieht Al Pacino als Ermittler Will Dormer so abgekämpft aus, dass man ihm kaum zutraut, in den nächsten zwei Stunden noch zulegen zu können. Zwar eilt Dormer der Ruf eines legendären Ermittlers voraus, doch sind es nicht seine Erfolge, sondern seine Misserfolge, welche ihn nach Alaska führen. Dormer ermittelte stets auch am Rande der Legalität, wobei er stets das Beste wollte und doch das Böse schuf. Ein internes Verfahren gegen ihn läuft, und die Aussage seines ebenfalls nach Alaska abgeschobenen Partners Hap (Martin Donovan) könnte das Karriere-Ende bedeuten.

Die Situation zwischen den beiden ist angespannt. Doch die Polizisten im hohen Norden haben von diesem Zerwürfnis nichts mitgekriegt. Im Gegenteil, die lokalen Cops staunen über die prominente Verstärkung, welche ihnen zur Lösung eines Mordfalls aus dem Süden zugeteilt wurde. Vor allem die junge Polizistin Ellie Burr (Hillary Swank) folgt Dormers Ermittlungen voller Bewunderung. Dieser kommt schnell auf die Spur des Mädchenkillers und stellt dem Mörder in einer Fischerhütte eine Falle. Im folgenden Chaos � die Sichtverhältnisse sind im kritischen Augenblick sehr schlecht � wird Dormers Partner Hap erschossen. Vom Mädchenmörder (Robin Williams)? Oder doch von Dormer, der auf eine Gestalt schoss, die er im Dunst nicht recht zu erkennen vermochte? Oder schoss er, weil nur so der aussagewillige Partner gestoppt werden konnte? Der Stress und die ewig scheinende Sonne jenseits des Polarkreises lassen Dormer nicht mehr einschlafen

Nolans wahrer Star ist weder Al Pacino � immer mit der Tendenz zum Overacting � noch Robin Williams, der hier sein neues Image als Bösewicht zementiert, sondern Alaska. Was von "Insomnia" bleibt sind Bilder, mit welchen der Regisseur gegen die üblichen Genrekonventionen arbeitet. Für einmal ist es nicht die Stadt, die dunklen Hinterhöfe und die ewig unergründliche Nacht, durch welche der Ermittler irrt. Es sind vielmehr die Aufnahmen von menschenleeren, vergletscherten Weiten, von einer fast unerträglich lichten Welt, die blendend gleissend in die Seele eines Mannes leuchtet, der � unfähig einzuschlafen und zu vergessen � vor seiner Vergangenheit zu flüchten versucht. Trotz dieser Ausgangslage bleibt der Film seltsam spannungslos. Die Stimmung der überbelichteten Landschaftsbilder legt sich bleiern auf die beiden Protagonisten und erstickt jede tiefer gehende Regung im Keim. Das nun könnte Konzept sein, doch wie sich Al Pacino schliesslich aus den Verwicklungen löst, entspricht einmal mehr jener moralinsauren Formel, mit welcher Hollywood sich gegenwärtig aus jeder halbwegs ambivalenten Situation herauszureden pflegt.

25.05.2021

3

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Kommentare

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dulik

vor 6 Jahren

Ein sehr stimmungsvoller Thriller mit starkem Cast und tollen Aufnahmen. Al Pacino und Robin Williams liefern sich eine Verfolgungsjagd mit vielen Wendungen und in der die Luft der beiden von Minute zu Minute spürbar dünner wird. "Insomnia" erreicht zwar nicht ganz das Niveau der anderen Werke von Christopher Nolan, ist aber denoch sehr sehenswert geworden.
8/10Mehr anzeigen


movie world filip

vor 12 Jahren

nach memento schon wieder ein tolle nolan - al pacino und robin williams ein unerwartete zusammenarbeit, ich habe nie gedacht das die zwei in ein film spielen würden, aber diese zeit machte williams ein sehr starke eindruck als drama spieler, und diese film ist dann auch ein cineastisches erfolgMehr anzeigen


tuvock

vor 21 Jahren

und trotzdem spannend, ohne mit irgendwelchen Bluteffekten daherzukommen die dem Zuschauer das Grausen bringen. Alle beiden Hauptdarsteller sind einfach spitze sie sind mehr als souverän, und schon alleine Robin Williams, aber das sollte man sich selber ansehen. Die Naturkulisse in Alaska, einfach ein Wahnsinn, und während meine Freundin fröstelnd vor der Bildleinwand saß und nachdachte das hoffentlich kein Angebot nach Alaska zu fahren kommt, bin ich schon auf Ihrer Nase gesessen und habe sie freundlich gewürgt bis sie Ja gesagt hat. Was aber sich rausstellte das es doch kein Versprechen war nach Alaska zu fahren und wenn dann nur um mich zu vergraben.
Zu jederzeit schafft es der Regisseur es keine einzige Minute langweilig werden zu lassen und alleine schon die Tatsache das die Geschichte ganz und gar nicht unlogisch ist sondern einfach spannend logisch ist, bedeutet eigentlich das der Film zu einem der besten des Jahres gehört. Er hat keine Spezialeffekte, und auch eine sehr gute weibliche Nebenrolle, die Swank. Die spielt ebenfalls als Neuling bei der Polizei eine sehr gute und vor allem wichtige Rolle. Man sah auch irgendwie die Psychische Seite der Haupt und Nebendarsteller und das war wirklich einzigartig. Wenn man denkt das dieser Regisseur zuvor den Scheißlangweiligen Deppenfilm Memento gedreht hat, ist das eine Wendung um 180 °. Der Film überzeugt von vorne bis hinten. Man kann einfach in den Film gehen und ihn mehr als geniessen, und freut sich wieder in die gute alte Zeit des Filme machen’s zurückversetzt zu sein. Der Film ist ein Remake eines norwegischen Thrillers, namens Schlaflos aus dem Jahr 1997. Was auch was sehr gutes ist, denn die Nordländer haben es sowieso faustdick hinter den Ohren.
Die Idee ist also nicht neu, aber man hat sie hier in unseren wärmeren Breitengraden nicht im Kino bisher gesehen. Pacino ist einfach ein Mann der so gut spielt das man sich richtig reinversezten kann. Er lebt die Rolle so gut aus wie die Cheopspyramide in Burma das Kaspische Meer. Beide waren wir ganz begeistert von seiner Darstellung und der Spannung dieses Filmes.

Abschließend, ein Film der als Thriller höchste Bedeutung bekommt, und der mehr als spannend ist.
Er ist jedem zu empfehlen und gefällt sogar Leuten die sonst nichts für Thriller über haben.

91 von 100Mehr anzeigen


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