Blue Moon Österreich 2002 – 97min.

Filmkritik

Grotesker Osten

Filmkritik: Christian Flückiger

Ein Deutscher und ein Österreicher laufen sich im Wilden Osten über den Weg. Immer wieder, immer anders. Sie befreunden sich, sie beklauen sich, sie helfen einander oder lassen den andern im Stich. Aber trotz ihrer Unterschiede suchen beide dasselbe: das Glück an den unerwartetsten Orten. Denn woanders waren sie schon. "Blue Moon" ist einfallsreich inszeniert und liebevoll ausgestattet. Das beste deutschsprachige Debut seit langem.

Johnny Pichler (Josef Hader) und Ignaz Springer (Detlev Buck): Zwei Anti-Helden stolpern durch den Osten. Der eine sucht die grosse Liebe, der andere die schnelle Mark. Ein stoischer Österreicher und ein grossmäuliger Ostdeutscher: Sie sind ein ungleiches Paar. Aber eine ideale Besetzung für eine Reise voller grotesker Erlebnisse und Begegnungen.

Johnny Pichler, ein Bote für undurchsichtige Angelegenheiten, verliebt sich bei einer Geldübergabe nahe der slowakischen Grenze in Shirley, die (zweifelsohne gekaufte) Begleitung eines skrupellosen und brutalen Geschäftsmanns. Ehe er sich versieht, befindet er sich mit Shirley, einem "geborgten" Auto und einer hübschen Stange Geld auf der Flucht durch die Slowakei. Und ehe er begreift, was vor sich geht, ist er auch schon wieder alleine. Jetzt nur noch mit der Hälfte des Gelds und ohne Auto. Dafür bald in der Begleitung des Kleinkriminellen Ignaz. Mal gemeinsam, mal jeder auf eigene Faust bahnen sie sich einen Weg durch die obskure Welt voller eigentümlicher Regeln und Gesetze, in der sich Johnny nach der geheimnisvollen Schönen sehnt und Ignaz nach schön viel Geld.

"Blue Moon" ist "Andrea Maria Dusls" erster langer Spielfilm. Das sieht man dem Roadmovie auch an. Im Guten wie im Schlechten. Die Story sprüht vor Ideenreichtum, sprödem Charme und der Freude am Erzählen. Aber sie hat auch ihre Längen, Löcher und überstrapazierten Nichtigkeiten. Unterm Strich hat es Dusl allerdings geschafft – und das ist wohl die grösste Leistung überhaupt – ein Bild des europäischen Ostens zu entwerfen, das weder zynisch noch beschönigend ist, sondern das Vorurteile auf humorvolle Weise entschärft, ohne sie um jeden Preis entkräften zu wollen. Wenn Dusl ihren Hauptdarsteller in der Ukraine von ein paar Jugendlichen ausnehmen lässt, indem er von ihnen – unnachsichtig aber nicht plump - zum Kauf eines offensichtlich völlig wertlosen Ziegelsteins genötigt wird, so hat das nicht nur humoristische Qualitäten. Die Szene birgt auch Informationen über den Zustand eines Landes und seiner Bewohner. Und zwar auf eine Art, die Verbrechen zeigt, ohne die Verbrecher zu verteufeln – und ohne sie zu verharmlosen. Bosheiten geschehen, wo Not und Gelegenheit sich verbünden. Darum geschieht in "Blue Moon" viel Unrecht, oft mit schlimmen Folgen für die Beteiligten. Aber irgendwie schafft es Dusl immer wieder, dem Unglück ein Quäntchen Zuversicht und eine Messerspitze Lebenslust abzutrotzen, ohne sich, die Menschen oder den Film dabei lächerlich zu machen. Und das ist schon eine starke Leistung.

15.12.2020

4

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Kommentare

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ecke

vor 21 Jahren

Als Road - Movie der etwas anderen Art präsentiert sich dieses austro-slowakische Meisterwerk. Diesmal findet man sich nicht im Westen der USA wieder, wo die unendlichen Weiten der Wüste ein Freiheitsgefühl sonders gleichen vermitteln, nein, dieses Mal nimmt alles einen etwas anderen Verlauf...
Hingucker!Mehr anzeigen


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