Die Royal Tenenbaums USA 2001 – 110min.

Filmkritik

Exzentrischer Stamm(tenen)baum

Serge Zehnder
Filmkritik: Serge Zehnder

"Rushmore" von Wes Anderson kam vor über drei Jahren in den Staaten in die Kinos. Aus welchen Gründen dieses Kinojuwel nie in den hiesigen Lichtspieltheatern zu sehen war bleibt unergründlich.
Nun liefert Anderson, mit dem Erfolg im Rücken, seinen dritten und bisher ergiebigsten Film ab. Thema: Das Leben einer Familie bestehend aus Wunderkindern, einer liebevollen Mutter und einer Katastrophe von einem Vater.

Chas (Ben Stiller) war bereits mit zwölf ein erfolgreicher Börsenmakler, Margo (Gwyneth Paltrow) erhielt in ihren frühen Teens den Pulitzerpreis und Richie (Luke Wilson) war mit siebzehn in den Top Ten der weltbesten Tennisspieler. Das Einzige, was das Glück trübt, und die Kinder in depressive Zustände versetzt, ist die Tatsache, dass ihr Vater Royal Tenenbaum (Gene Hackman) das polare Gegenteil eines fördernden und liebevollen Vaters ist. Vielmehr lebt er nach dem Lustprinzip. Was nicht gerade Geld abwirft oder Spass macht, interessiert ihn nicht. Wäre da nicht Mutter Ethel (Angelica Houston) stünden die Genies ohne den geringsten elterlichen Rückhalt in der Welt. Kein Wunder sind alle drei auf die eine andere Weise traumatisiert. Royal schert sich jedoch herzlich wenig um den Zustand seiner Sprösslinge, erst als Ethel sich von ihm scheiden lassen will um den Buchhalter Henry Sherman (Danny Glover) zu heiraten, kriegt er das Muffensausen, und entschliesst sich mit List und Tücke in die Familie zurückzuschleimen.

Max Fisher hiess der aufgeweckte Teenager, der sich in "Rushmore" in eine Kindergartenlehrerin verliebte, von der auch Max' Quasi-Mentor Mr. Blum (gespielt von Bill Murray) sehr angetan war. Ein Krieg der kindischen Gemüter wurde entfacht. Nachdem ich "The Royal Tenenbaums" gesehen habe erscheint mir Max wie ein Cousin der Genie-Famile. Sprache, Lebensanschaung, die inneren Dämonen, aber besonders seine äusserliche Erscheinung wirken wie eine leicht verschobene Variation der Tenenbaums.

Anderson hat einmal gesagt, die Kleidung sei oft die erste konkrete Vorstellung, welche er von seinen Figuren habe. Der Rest leite sich von diesem Ansatz ab. Fasziniert von Porträts, welche vor Jahren in der US-Zeitschrift "The New Yorker" publiziert wurden, schuf Anderson ein Ensemble von Figuren, das mit einer Vielzahl von Zitaten aus der Kunst-, Sport- und Wirtschafswelt gespickt ist. Zuweilen wirkt es als sässen bei den Tenenbaums Sylvia Plath, Bill Gates, Björn Borg und Kofi Annan an einem Tisch. Eine Konstellation, die zu einem sehr off-beatigen Humor führt, der den Leiden und Komplexen Andersons und Owen Wilsons (Co-Autor aller Anderson Filme) Charakteren entspringt. Das Lachen bleibt einem dann auch gerne mal im Halse stecken, und wird auf höchst un-kitschige und sehr liebevoll menschliche Weise aus der Kehle befreit.

Diesen Film (oder auch "Rushmore") einfach als schräg zu bezeichnen wäre viel zu einfach. Vielmehr funktioniert er als Beziehungsspektakel der leisen Töne. Untermalt von Songs aus den sechziger und siebziger Jahren, oder Mark Mothersbaughs träumerischem, beinah barockem Score, rüttelt Anderson an unseren Vorstellungen des Familienidylls, ohne sie jedoch zu zerstören. Offene Statements zur Weltlage oder dem Zerfall von Werten sucht man hier vergebens. Wie ein gut platziertes Osternest verstecken die Macher ihre Weisheiten an die Welt an jenen Orten, wo man zuletzt sucht. Getreu der emotionalen Verbortheit der Tenenbaums stösst man erst nach erschwerter Suche auf die Wahrheit. Doch nachdem man sie gefunden hat, bleibt sie noch lange nach dem Verlassen des Kinosaals haften.

31.10.2022

5

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Kommentare

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dulik

vor 4 Jahren

Eine sehr skurrile Komödie von Wes Anderson über die nicht ganz so normale Familie "Tenenbaum". Der Film zeigt trotz einigen erzählerischen Schwächen auf, wie wichtig Familie und Zusammenhalt sind und wurde von vielen Kritikern hoch gelobt. "Die Royal Tenenbaums" ist jedoch kein Film für die breite Masse und somit nicht für jeden Geschmack geeignet.
7/10Mehr anzeigen


gui82

vor 10 Jahren

Mehr bemüht als gelungen.


movie world filip

vor 12 Jahren

stilvoll und oiginal... beim sundance festival haben sie das bemerkt.


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