Der unauffällige Mr. Crane Grossbritannien, USA 2001 – 116min.

Filmkritik

Vom Haareschneiden und Totschlagen

Rona Grünenfelder
Filmkritik: Rona Grünenfelder

Der neuste Film von Joel und Ethan Coen knüpft an die Erfolge von "Blood Simple" und "Fargo" an und ist inspiriert durch James M. Cains Krimis aus den Vierzigerjahren ("The Postman Always Rings Twice"). Das Meisterwerk wurde am Filmfestival in Cannes 2001 mit dem Regiepreis ausgezeichnet und erzählt die Geschichte eines einfachen wortkargen Mannes, der sich unter der Sonne Kaliforniens Schnitt für Schnitt seinem eigenen Untergang entgegenbewegt.

Santa Rosa, Kalifornien, im Jahre 1949: Ed Crane (Billy Bob Thornton) scheint völlig gefangen in seiner trostlosen, monotonen Existenz. Gelangweilt und permanent rauchend verpasst er im Coiffeursalon seines Schwagers seinen uninteressanten Kunden tagtäglich dieselben altbekannten Frisuren, obwohl er selber von sich behauptet, kein Coiffeur zu sein. Auch seine Ehefrau, Doris Crane, (Frances McDormand) vermag ihn nicht aufzuheitern. Teilnahmslos scheint Crane sein Schicksal hinzunehmen, bis eines Tages Creighton Tolliver (Jon Polito) im Geschäft auftaucht. Er offeriert Crane gegen die Summe von 10'000 Dollar eine Beteiligung am Erfolg versprechenden Geschäft der chemischen Reinigung. Crane sieht durch dieses verlockende Angebot die Chance seines Lebens gekommen. Das nötige Geld will er beschaffen, indem er Big Dave (James Gandolfini), den Liebhaber seiner Frau, anonym erpresst. Durch diesen scheinbar vielversprechenden Schachzug gerät er aber in den reissenden Strudel des Verbrechens, der ihn immer tiefer hinunter zieht und löst eine unglaublich morbide Kettenreaktion in der Kleinstadt im Norden Kaliforniens aus.

Das eigentliche Geschehen wird von Crane lakonisch und gemächlich aus dem Off kommentiert. Nicht zuletzt deshalb wirkt der Film auch relativ ruhig und langsam. Das Tempo orientiert sich an den Gedanken des Hauptdarstellers. Doch dies bedeutet keineswegs, dass es an genialen und witzigen Dialogen mangelt. Die Story enthält eine Vielzahl von absurden, perfekt inszenierten Situationen, und die Figuren sind herrlich bizarr gezeichnet, wie wir es uns von den Coen-Brüdern gewohnt sind. Ebenfalls typisch für die Coens ist der gelungene Genre-Mix, eine Mischung aus Komödie, Krimi und Drama mit Film-noir-Elementen. Das immer wiederkehrende Ufo-Motiv verleiht dem Film dazu noch einen wunderbar surrealen Touch.

Billy Bob Thornton übezeugt als Ed Crane mit einer Teilnahmslosigkeit, die an Albert Camus' Hauptfigur Meursault aus "L'Etranger" erinnert und liefert eine Glanzleistung. Auch Frances McDormand, Ehefrau des Regisseurs, Femme fatale in "Blood Simple" und unerschrockene Polizistin in "Fargo" (Oscar für die beste Hauptdarstellerin 1997), brilliert in der Rolle der Doris Crane, die speziell für sie geschrieben wurde.

Ein Plakat über die Haarmode der 40er Jahre, welches die Coens in einem Barbiershop während den Dreharbeiten zu "The Hudsucker Proxy" (1994) entdeckten, inspirerte die Brüder nachhaltig und war Auslöser für die ersten Ideen zum Film. "The Man Who Wasn't There" ist ein faszinierendes Werk im ironischen Film-noir-Stil, eine Tragikomödie mit kunstvollen Schwarzweissbildern und einem wunderschönen Spiel mit Licht und Schatten, einem gelungenem Soundtrack-Mix (Score von Carter Burwell, Klaviersonaten von Beethoven und Auszüge aus Mozarts "Hochzeit des Figaro") und ausgezeichneter Besetzung.

Der Film gehört sicherlich zu den besten des Jahres 2001 und ist für alle Coen- und Thornton-Fans ein absolutes Muss. Einmal mehr haben die Coen-Brüder bewiesen, dass es ihnen gelingt, mit jedem Film ein neues Meisterwerk zu schaffen.

19.02.2021

4

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Kommentare

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movie world filip

vor 12 Jahren

woher bleibt das har kommen... predestinierte themen in ein swarzweiss minimalistischen topfilm


scarabelli

vor 21 Jahren

Ich habe den neuen Streifen von Matt Damon (The Bourne Identity) bereits am Film-Festival in Locarno bewundern können. Matt Damon passt meiner Meinung nach sehr gut in die Rolle des Jason Bourne. Dieser Film alleine macht aus Matt Damon noch lange keinen neuen Superactionhelden. Ich würde diesen Film sicher weiter empfehlen. Trotzdem hoffe ich das Damon auch in Zukunft in Filmen wie The Good Will Hunting zu sehen ist, da er wirklich Talent hat.Mehr anzeigen


scarabelli

vor 21 Jahren

Ich habe den Film "The Bourne Identity" bereits am Film-Festival in Locarno gesehen und ich muss zugeben Matt Damon passt sehr gut in die Rolle des Jason Bourne. Ein gelungener Genre Wechsel von Matt Damon. Doch alleine dieser Film macht Damon noch lange nicht zu einem neuen Actionhelden. Er spielt hoffentlich auch in Zukunft in Filmen wie "The Good Will Hunting". Die Bourne Identität ist ein sehenswerter Film mit guter Action.Mehr anzeigen


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