From Hell Tschechische Republik, Grossbritannien, USA 2001 – 137min.

Filmkritik

Jack The Ripper, Superstar

Benedikt Eppenberger
Filmkritik: Benedikt Eppenberger

"From Hell", der vermutlich 5000ste Film über den berühmtesten Frauenmörder aller Zeiten, schwelgt in düster-kranken Bildern von London und vergibt dabei die Chance, wirklich Originelles zum Fall der Fälle beizufügen.

Dabei hätte es auch ganz anders kommen können. Das Regiegespann Allen und Albert Hughes hatte als Vorlage jenen Comic-Roman gewählt, den man zweifellos zu den besten der 90er Jahre zählen muss. "From Hell", das war zu Beginn des letzten Jahrzehnts der Versuch gewesen, Jack the Rippers Mordserie als einen Mythos am Nullpunkt der aufscheinenden Massenkultur zu beschreiben. In einem hochgelobten vielhundertseitigen Monstrum schuf die britische Autorenlegende Alan Moore zusammen mit dem Zeichner Eddie Campbell aus historischen Protokollen, Polizeiberichten, Zeitungsenten und (Alp)-Träumen ein Sittengemälde, das den Ripper als blutiges Verbindungsglied zwischen dem ausgehenden viktorianischen Zeitalter und dem 20. Jahrhundert zeigt.

Dieser Ansatz war nicht ganz neu. Schon im 79er-Film "Time After Time" verfolgte beispielsweise H.G. Wells den via Zeitmaschine in "sein" 20. Jahrhundert geflohenen Jack the Ripper, doch hatte sich zuvor kaum ein Autor richtig darum bemüht, diesen Killer, der seine Opfer mit professioneller Akkuratesse ausweidete, wirklich ernst zu nehmen, ja, in ihm eine grausige Vorahnung auf das 20. Jahrhundert und den dort industriell betriebenen Massenmord zu sehen. So wurde aus Jack the Ripper – im Buch ein Frauen hassender Arzt und Freimaurer, der aus sexueller Frustration, wissenschaftlicher Faszination und historischem Sendungsbewusstsein Befehle von oben ausführt – ein Prophet jener "neuen Gesellschaft", die blutige Identitätsfindung in den düstern Räumen zwischen Wahnsinn und Normalität betreibt.

Natürlich gibt es im Roman auch einen Ermittler und eine Liebesgeschichte. Während aber die Buchvorlage den amourösen Verwicklungen nüchtern wenig Raum lässt, wurde das klassenübergreifende Liebesspiel im Film nun ins Zentrum gestellt. Zu finden sind da Johnny Depp als Opium rauchender Inspektor Abberline und Heather Graham als irische Prostituierte Mary Kelly. Ihre Bahnen kreuzen sich im Laufe der Ermittlungen schicksalshaft, bis sie sich zum Schluss in die traurige Wahrheit schicken müssen, welche die Liebesgeschichte tragisch abbrechen lässt. Dass dabei wenig Spannung aufkommt – die Metzeleien werden eher angedeutet als gezeigt – ist einem Konzept anzulasten, welches zu hundert Prozent auf Atmosphäre setzt, die Schauspieler aber zu Statisten degradiert, die "irgendwie geisterhaft" durchs Prager Set zu schleichen haben. Johnny Depp kann das ganz gut, das britische Cast aber ist sichtlich unterfordert. Und Heather Graham? Sie ist als Prostituierte etwa so überzeugend wie Beni Thurnheer, der in einer Glauser-Verfilmung den Wachtmeister Studer spielen würde.

Die Inszenierung, die Schauspielerei sowie das Drehbuch, welches die Motive aus dem Comic arg verkürzt und teilweise gegen die ursprünglichen Intentionen dreht, sind schnell vergessen. Was haften bleibt von "From Hell" sind die düsteren Bilder einer wüsten Stadt, wo die Verbrechen von Jack the Ripper nur als eine Obszönität unter andern erscheint. Diese Stadt ist ein Moloch, der - hier löst die Verfilmung das Versprechen ihres Titels für einmal ein – direkt in der Hölle zu liegen scheint.

25.01.2021

3

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Kommentare

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Janissli

vor 6 Jahren

Super spannendes Meisterwerk mit leider etwas traurigem Ende.


movie world filip

vor 12 Jahren

stilvoll, dunkel... noch mal eis e coole jack the ripper film, statt kitsch


sminja

vor 18 Jahren


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