A Beautiful Mind USA 2001 – 135min.

Filmkritik

Chaos im genialen Geist

Bruno Amstutz
Filmkritik: Bruno Amstutz

Russell Crowe beweist nach seinem oscargekrönten Auftritt in "Gladiator", dass in ihm nicht nur Heldenfiguren stecken. In der Haut des schizophrenen Mathematikers John Nash demonstriert er eine bemerkenswerte Wandlungsfähigkeit und kann sich das Wort "Oscar" wohl bald auf die Stirn tätowieren lassen.

Nur kleine Geister halten Ordnung, Genies überblicken das Chaos. Bei John Forbes Nash Junior herrscht allerdings das Chaos im genialen Geist, was den Überblick erheblich erschwert: Der amerikanische Mathematiker leidet an paranoider Schizophrenie. Dennoch wurde er 1994 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Aus seiner Lebensgeschichte zimmerte der Autor Akiva Goldsman ein hollywoodtaugliches Drehbuch - keine authentische Biographie, wie er nicht müde wird zu betonen. Seine Geschichte basiert lose auf Nash's Lebensstationen und dreht sich um die Pole Genie und Wahnsinn, vermischt mit der unumgänglichen Liebesgeschichte.

Auf den ersten Blick nicht gerade der Stoff, der ein actionverwöhntes Publikum bei der Stange zu halten vermag - immerhin gelten Mathematiker kaum als trendige Identifikationsfiguren. Regisseur Ron Howard ("Apollo 13", "Ransom") und Russell Crowe als Mann der Stunde hauchen dem Zahlenzauberer aber ein eigensinniges Leben ein. Schon bei seiner Ankunft an der Eliteuniversität Princeton trägt das Landei Nash seine Ecken und Kanten zur Schau: Er hält herzlich wenig von sozialen Umgangsformen, dafür umso mehr von sich selbst. Die Arbeiten seiner Mitstudenten stempelt er verächtlich als bar jeder originellen Idee ab und Vorlesungen besucht er aus Prinzip nicht, weil sie seinen brillanten Geist mit unnützem Gedankengut infizieren könnten. Wohl in seiner Haut fühlt sich der junge Angeber allerdings nicht, denn nicht einmal er selbst kann seinen hohen Ansprüchen gerecht werden. Es sei denn, er fände die eine, einzigartige Idee, die ihn über das Mittelmass hinauskatapultieren würde. Bis dahin erntet er aber von den Studentinnen Ohrfeigen und von seinen Kollegen Hohn und Spott.

Diesen kontroversen Charakter verkörpert Crowe mit erstaunlicher Intensität. Er ergibt sich in körperliche Ticks, ohne zu übertreiben, paart eine durchdachte Ausdrucksweise mit bubenhafter Ungeschicktheit und pendelt zwischen Schüchternheit und selbstzerstörerischem Eigensinn. Daneben spielt die Handlung, die Nash vom plötzlichen Erfolg in die Hölle der Schizophrenie führt, die zweite Geige. Sie hat ihre originellen Wendungen, klimpert aber auch auf der altbekannten Klaviatur typischer Hollywoodmomente mit pathetischen Reden und Geigenklängen.

Doch die "Academy of Motion Picture Arts and Sciences" liebt Geschichten über mental herausgeforderte Persönlichkeiten: Leonardo Di Caprio erhielt seine einzige Oscarnomination als geistig zurückgebliebener Bruder von Johnny Depp in "What's Eating Gilbert Grape", Dustin Hoffmann kassierte eine Statuette als Autist in "Rain Man" und Regisseur Scott Hicks erntete sein Goldmännchen für die Inszenierung der Lebensgeschichte des verwirrten Pianisten David Helfgott in "Shine". Auch im Jahr 2002 stehen die Geisteskrankheiten für die Oscarnominationen hoch im Kurs: Die Schizophrenie führt den Reigen mit acht Nominationen für "A Beautiful Mind" an. Aber auch Alzheimer liegt mit drei Nominationen gut im Rennen: "Iris" zeichnet den geistigen Zerfall der Schriftstellerin Iris Murdoch nach und könnte Judi Dench, Kate Winslet und Jim Broadbent zu Oscarehren verhelfen. Berechnendes Schielen auf die Auszeichnung will sich aber Russell Crowe nicht vorwerfen lassen. An einer Pressekonferenz der Berlinale 2002 riet er den versammelten Journalisten, sich solche zynischen Verdächtigungen dorthin zu stecken, wo die Sonne nicht hinscheint.

25.05.2021

4

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Kommentare

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sonnestaub42

vor 3 Jahren

Unterhaltsam und mitreissend obwohl ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann, dass die Darstellung der Schizophrenie nichts mit dem echten Krankheitsbild zu tun hat. Aber das hat bisher noch kein Hollywoodregisseur geschafft.


julianne

vor 3 Jahren

Eines der grössten Meisterwerke kaum im worte zu beschreiben !! Würde gerne nochmals im Kino sehen !!!


dulik

vor 6 Jahren

Sehr mitreissende Film-Biographie mit einem grandiosen Russel Crowe.
Die Handlung wurde genau richtig inszeniert, um sich als Zuschauer stets in die Lage des John Nash und dessen Probleme hineinversetzen zu können. Packend und berührend zugleich und somit absolut zurecht mit dem Oscar für den besten Film 2001 prämiert!
9.5/10Mehr anzeigen


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