The Cell Deutschland, USA 2000 – 107min.

Filmkritik

Virtuoser Horrortrip

Filmkritik: Pascal Lüthi

Nur noch 40 Stunden: So viel Zeit bleibt einer Therapeutin - gespielt von der Latina-Queen Jennifer Lopez - um herauszufinden, wo ein Serienkiller sein letztes Opfer versteckt hält. Um dies zu bewerkstelligen, braucht es allerdings etwas mehr als eine Couch oder ein paar Farbkleckse, denn der Psychopath befindet sich im Koma, und nur eine neue Methode der Gehirnforschung kann die Unglückliche vor dem Tod retten. Die nichtsahnende Psychologin begibt sich auf eine ungewisse Reise an die tiefsten Abgründe im Kopf einer Bestie.

Der schizophrene Serienmörder Carl Stargher (Vincent d'Onofrio, "Men in Black") tötet seine weiblichen Opfer, indem er sie in einer hermetischen Zelle langsam und qualvoll ertrinken lässt. Bei seinem vorletzten Mord hinterlässt er jedoch ungewöhnlich viele Spuren, so dass ihm das FBI auf die Schliche kommt. Doch bevor Stargher verhaftet und vernommen werden kann, fällt er in ein ewiges Koma. Mit in seinen endlosen Schlaf nimmt er auch das Geheimnis über den Verbleib seines letzten Opfers. Der ermittelnde FBI-Agent Peter Novak (Vince Vaughn, "Clay Pigeons") wendet sich an die Therapeutin Catherine Deane (Jennifer Lopez, "Out of Sight"), welche seit geraumer Zeit mit einer radikal neuen Methode experimentiert. Sie soll sich in den Geist des Killers einschleusen, um nach Hinweisen über die Zelle zu suchen, in der das letzte Opfer eingeschlossen ist. Zusammen mit Deane lassen wir uns auf einen Trip in die schreckliche Welt eines Serienkillers ein.

Nach David Fincher ("Se7en") und Spike Jonze ("Being John Malkovich") kommt ein weiterer Werbefilm- und Videoclipregisseur mit seinem Erstlingswerk in unsere Kinos. Tarsem, der unter anderem den Clip zu REMs "Losing my religion" drehte, entführt uns in eine Handlung, die vom Wechsel zwischen typischen Thriller-Elementen im Stil von "The Silence of the Lambs" und virtuos inszenierten Traumwelten lebt. Tarsem hat definitiv seinen eigenen visuellen Stil kreiert und tritt damit in eine ganz neue Dimension ein: Noch nie haben wir so skurrile und erschreckende Phantasiewelten erlebt, die zeitweise an eine Lack-und-Leder-Party erinnern.

"The Cell" übertrumpft auf visueller Ebene die höchsten Erwartungen. Der Regisseur hat es geschafft, den vielen Persönlichkeiten des Mörders verschiedene furchteinflössende Gesichter zu geben. An dieser Stelle liegt jedoch auch der grosse Schwachpunkt des Films: "The Cell" setzt zu sehr auf die visuelle Ausgestaltung der Geisteswelt des Killers, so dass die Story darunter leidet. Während ähnliche Serienmörder-Tatbestände in vergangenen Thrillern allein mittels detektivischer Feinarbeit geklärt wurden, gelingt es Novak und Deane erst durch das Eindringen in den Geist, zur Lösung des Rätsels vorzustossen. Als Zuschauer wird man das Gefühl nicht los, dass der Fall auch ohne die aufwendige Psycho-Geisterbahnfahrt zu lösen gewesen wäre. Neben den surrealen Sequenzen hebt sich das angesprochene Thriller-Element in der Realität nicht sonderlich heraus. Das Interesse daran, ob Deane auf ihrer "Reise" mit den vielen bedrohlichen Gesichtern des Killers zurecht kommt, ist stets grösser als das Bedürfnis nach der Antwort auf die Frage, ob das letzte Opfer noch rechtzeitig gefunden werden kann. Die surreale Welt ist ein Bisschen gar blutig inszeniert und käme durchaus auch mit weniger Splatterszenen aus. Es muss nicht immer Blut spritzen, um dem Zuschauer ein mulmiges und bedrückendes Gefühl zu bescheren. Dies zeigt z.B. eine Szene, in der eines von Starghers Alter Egos übergross von einem Thron steigt und sich Deane heroisch mit einem riesigen Umhang im Schlepptau nähert. Das mag hier harmlos klingen, doch auf der Leinwand zeitigt diese Szene eine beängstigende und lähmende Wirkung. Und sie zeigt, dass manchmal halt weniger trotzdem mehr ist.

12.01.2021

3

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