Im Juli Deutschland 2000 – 100min.

Filmkritik

Tausend und eine Nacht anno 2000

Serge Zehnder
Filmkritik: Serge Zehnder

Ferienzeit, Reisezeit. Die grosse Hitzewelle ist dieses Jahr ausgeblieben, weshalb so manch einer "in den Scheiss-Süden" abschlich, um diesen Begriff aus Fatih Akins ("kurz & schmerzlos") romantischem Road-Movie "Im Juli" zu verwenden.

Ganz andere Vorstellungen hat jedoch der schüchterne Referendar Daniel (Moritz Bleibtreu, "Lola Rennt"), er beschliesst diesen Sommer in Hamburg zu bleiben, um die Vorzüge der Hansestadt zu geniessen. Einsam und oft in seiner Jazz-Plattensammlung eintauchend, wird er eines Tages von der hübschen Juli (Christiane Paul, "Das Leben ist eine Baustelle") angesprochen. Juli schmachtet schon seit längerem nach dem Aushilfslehrer, der den Strassenstand, an dem sie arbeitet, täglich passiert. Als sie endlich genug Mut aufbringt, ihn an einen Anlass zu locken, um ihm dort erneut wie durch "Zufall" zu begegnen, muss sie mit Schrecken feststellen, dass Daniel bereits Hals über Kopf in die hübsche Türkin Melek (Idil Üner) verliebt ist.

Der Ursprung dafür liegt in einem mit einer Sonne verzierten Ring, den Juli Daniel ein paar Stunden zuvor geschenkt hat, mit der Prophezeiung, dass die erste Frau, welche ihm mit dem Symbol der Sonne begegnet, seine grosse Liebe sein werde. Hübsch eingefädelt, will man meinen. Leider erscheint Juli ein bisschen zu spät, und die Sonne auf dem T-Shirts Meleks hat's Daniel bereits mehr als angetan.

Doch auch dieses Glück ist nur von kurzer Dauer, denn Melek reist am nächsten morgen nach Instanbul ab, ehe ihr Daniel seine Liebe gestehen kann. Ein Versäumnis, dass der ansonsten so schüchterne Mann unverzüglich nachholen will. Liebestoll reist er Melek im Auto nach. Dass er unterwegs ausgerechnet die frustrierte Juli als Anhalterin mitnimmt versteht sich ja beinah von selbst.

Richtungswechesel sind immer gut. Regisseur Akin nimmt sich nach seinem harten Strassenportrait »kurz & schmerzlos« einer romantischen Komödie an, verpackt sie in die Form eines Road-Movies und vermischt die bekannten Muster nach Herzenslust und mit viel Geschick. Denn ernstgenommen werden will »Im Juli« nie, sondern existiert lieber für sich alleine in einem mit Zuckerwatte gepolsterten Filmuniversum, wo die Liebe jeden Berg verschiebt, jeden Fluss überquert und alle Wälder durchkämmt. Träumerisch leicht, bedienen sich die Macher nicht nur einer märchenhaften Atmosphäre, die ganz gut aus Tausend und einer Nacht stammen könnte (schliesslich kommt der Regisseur aus dem vorderen Orient), sondern haben mit Moritz Bleibtreu und Christiane Paul zwei der interessantesten und begabtesten deutschen Schauspieler der Gegenwart in den Hauptrollen.
Wie in jeder guten Liebesgeschichte sprühen auch hier die Funken nicht gleich von Beginn weg, sondern stossen langsam an die Oberfläche, weshalb man sich auch über den Ausgang der Geschichte nie im Unklaren ist.

Aber lasst uns nicht die Liebe im Leben, - oder gar im Kino - zu stark analysieren. Wenn sie da ist, oder auf der Leinwand überzeugend inszeniert wird, gibt's nur noch eines: zurücklehnen und geniessen.

15.02.2024

4

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Kommentare

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Barbarum

vor 9 Jahren

Christiane Paul ist zum verlieben und der Film hat durchaus schöne, verträumte Momente, aber dann ist vieles auch wieder zu unmotiviert und zu dämlich.


Gelöschter Nutzer

vor 11 Jahren

Mit 'Im Juli' gelingt Fatih Akin und seinen Darstellern ein Komödien Abenteuer durch Osteuropa in erster Güte.


tonyrominger

vor 18 Jahren

... ist "Im Juli".


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